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Die „magische Marke“ durch-brochen, aber weiter hinten

ArbeitsloseBerlins Quote sinkt erstmals seit 1990 unter zehn Prozent

Eigentlich ist es nur eine ab­strakte Zahl. Unterm Strich bleiben immer noch rund 181.000 konkrete Arbeitslose in Berlin. Doch es gilt als etwas Besonderes, dass nach den am Dienstag vorgestellten Zahlen die Quote der Unbeschäftigten in Berlin erstmals seit der Wiedervereinigung 1990 unter 10 Prozent gesunken ist. Eine „magische Marke“ sei durchbrochen, meint Wirtschaftssenatorin Cornelia Yzer (CDU). Das kann man belächeln – doch Haushaltspolitiker feierten in ähnlicher Weise, als Berlins Schulden um die Jahreswende unter 60 Milliarden sanken – und Hobby-Marathonläufer freuen sich kindergleich, wenn sie bloß eine Sekunde unter vier Stunden bleiben.

Der nun einstellige Wert von 9,7 Prozent bedeutet zugleich, dass sich die Quote seit 2005 halbiert hat. Noch zum Start der aktuellen rot-schwarzen Koalition im Jahr 2011 waren es 13,3 Prozent. In der Rangliste der Bundesländer steht Berlin allerdings weiter hinten, auf dem 15. und damit vorletzten Platz. Brandenburg liegt mit 8 Prozent auf dem 12. Platz.

Für den Berliner CDU-Generalsekretär Kai Wegner ist die Lage mit Blick auf die Abgeordnetenhauswahl am 18. September klar: „Gute Rahmenbedingungen für eine starke Wirtschaft gibt es nur mit einer starken CDU.“ Die von der SPD gestellte Senatssprecherin Daniela Augenstein mochte vor Journalisten nicht ganz so weit gehen. Sie verwies zwar auf vielerlei Anstrengungen des Senats – gerade die Förderung der Wissenschaft habe die Entwicklung stark beeinflusst. Doch „natürlich hat das etwas mit dem generellen wirtschaftlichen Klima in Deutschland zu tun“, räumte sie ein.

Grünen-Wirtschaftspolitikerin Nicole Ludwig mochte kein Jobwunder erkennen. „Mein Eindruck ist, dass viele Leute nach Berlin kommen und ihren Job mitbringen“, sagte sie der taz. Bei der Gruppe der Langzeitarbeitslosen sieht sie zudem keine wesentliche Trendwende. Zudem sei nicht jede neue Beschäftigung eine gute. „Ja, das sind Arbeitsplätze“, sagte Ludwig, „aber dass das die sind, die eine Familie ernähren können, wage ich zu bezweifeln.“

Der Deutsche Gewerkschaftsbund sieht auch in einer veränderten Einstellungspolitik des Senats den Grund für die gesunkene Quote: Berlin hat sich nach längerem Drängen davon verabschiedet, die Zahl der Landesbeschäftigten auf 100.000 zu begrenzen, und in größerem Stile neu eingestellt. Stefan Alberti

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