Netter Ton, klare Ansagen

Kontinuität Werder Bremens neuer Sportchef Frank Baumann hält an Trainer Viktor Skripnik fest

Als Frank Baumann am Freitag den voll besetzten Presseraum im Bremer Weserstadion betrat, hatte er dieses Lächeln auf dem Gesicht, das man von alten Bekannten kennt, die man lange nicht gesehen hat, und die sich inzwischen verändert haben – in ihrem Aussehen oder in ihrer Rolle. Etwas verlegen, aber auch herausfordernd, schien es zu sagen: Ich weiß, dass ihr mich unterschätzt, aber ihr werdet euch schon noch wundern.

Dass die meisten im Raum den 40-jährigen neuen Sportvorstand aus seinen alten Funktionen kennen, die er seit 1999 bei Werder bekleidete, wurde daran deutlich, dass ihn fast jeder Journalist duzte. 2004 war Baumann Mannschaftskapitän des Double Gewinners, anschließend arbeitete er in der zweiten Management-Reihe, bevor er Ende der vergangenen Saison eine Auszeit nahm.

In den Vordergrund drängte sich Baumann, über den schon als Spieler in jeder zweiten Beurteilung „effektiv, aber unauffällig“ stand, noch nie. Gerade daran entzündeten sich im Vorfeld die Zweifel, ob er als Nachfolger des offensiven Thomas Eichin der Richtige ist. Bringt der nette Herr Baumann genug Biss und Selbstbewusstsein mit, um sich täglich gegen die gierige Presse- und Beratermeute durchzusetzen?, fragten sich viele.

Obwohl Baumann gleich am Anfang zweimal das Wort „nett“ benutzte, hatte er am Ende der rund einstündigen Befragung den Rollenwechsel vollzogen. Die neue Baumannsche Doppelstrategie scheint zu lauten: Verbindlich im Ton, aber klar in der Sache. Die wendete er gleich in seiner ersten Personalentscheidung an. Den umstrittenen Viktor Skripnik bezeichnete er als „bestmöglichen Trainer für Werder“ und kündigte eine vorzeitige Verlängerung des bis 2017 datierten Vertrages an.

Dann benannte Baumann aber in bisher nicht gehörter Deutlichkeit die Fehler der abgelaufenen Saison und mahnte Veränderungen an: Zu großer Kader, Schlingerkurs beim Einbau von Nachwuchskräften, anfällige Defensive sowie ein in der Hinrunde fehlendes taktisches Konzept. Außerdem forderte er, das Verhältnis des Trainers zu den Medien müsse wieder von gegenseitigem Respekt geprägt sein. Zuletzt war Skripnik der Presse nur noch missmutig gegenübergetreten.

Baumann verriet, dass er von Phrasen wie dem seiner Meinung nach überstrapazierten „Werder-Weg“ wenig hält. Dennoch könnte gerade sein Wirken das Werder-Profil dahingehend schärfen, dass der Klub von einer gemeinsamen Lernkultur geprägt wird, die auch Trainern und Managern eine Entwicklung zugesteht.

Dass hinter dem kooperativen Arbeitsstil auch ein knallharter Entscheider steckt, deuten andere Personalentscheidungen an: Der Kader wird verkleinert, Niclas Füllkrug und Felix Kroos werden nicht aus Nürnberg beziehungsweise Berlin zurückgeholt und in Sachen Jannik Vestergaard, der trotz laufendem Vertrag zu Borussia Mönchengladbach wechseln möchte, ist das letzte Wort noch nicht gesprochen. Sieht ganz so aus, als sollten sich tatsächlich noch einige wundern. Ralf Lorenzen