Eine Vermieterin über die bisweilen seltsamen Kriterien von Ferienwohnungen: „Warum ist das illegal, wenn ich niemandem schade?“
Ich vermiete meine Wohnung auf Airbnb. Meine Wohnung, das sind zwei Zimmer in Kreuzberg, 70 Quadratmeter, 600 Euro Warmmiete. Für eine Alleinverdienerin mit taz-Gehalt ganz schön viel Geld.
Mein Pech: Ich bin erst vor drei Jahren nach Berlin gezogen; als die Mieten längst nicht mehr so günstig waren, wie man das aus alten Zeiten erzählt. Meine Bekannten sagen, für die Lage sei die Miete ganz okay. Aber das ist eben nur relativ gesehen. In einer WG will ich nicht mehr wohnen. Hab ich gemacht. Aber ich habe keine Lust mehr, mich mit jemand über den Abwasch zu streiten. Deshalb also Airbnb.
Dort vermiete ich meine Wohnung für knapp 80 Euro die Nacht. Die ganze Bude, wenn ich verreist bin, zum Beispiel übers Wochenende. 80 Euro pro Nacht sind teuer. Das ist Absicht. Ich möchte, dass gesittete Menschen bei mir wohnen, sodass am Sonntag alles genauso aussieht, wie ich es am Donnerstag oder Freitag hinterlassen habe. Partytouristen tue ich mir und meiner Nachbarschaft nicht an. Pärchen aus England, Skandinavien oder der Schweiz können sich diese Miete leisten. Und mir macht sie das Leben leichter. So reicht es nämlich, die Wohnung ein Wochenende pro Monat Fremden zur Verfügung zu stellen, und schon ist die Miete halbiert.
Seit dem 1. Mai ist das, was ich mache, illegal. Dafür sorgt das Berliner Zweckentfremdungsverbot. Es verbietet, Privatwohnungen als Ferienwohnungen zu vermieten. Der Wohnraum in Berlin ist knapp. Mithilfe des Gesetzes soll dafür gesorgt werden, dass Ferienwohnungen dem Mietmarkt nicht noch mehr Wohnraum entziehen. Und in der Folge, dass die Mieten nicht so stark steigen. Das leuchtet mir ein. Mehr noch: Ich unterstütze das. Aber ich betreibe keine Ferienwohnung.
Ich wohne in dieser Wohnung, bin also eine Berliner Mieterin. Andere Menschen nutzen diesen Wohnraum nur, wenn ich verreist bin. Kämen sie nicht, stünde meine Wohnung während meiner Abwesenheit leer. Würde ich nicht vermieten, hätte kein Wohnungssuchender einen Vorteil davon. Auch die Miete in meiner Gegend sinkt deshalb nicht.
Wohl aber profitiert die Stadt von meinem Zuverdienst. Und zwar zweifach und ziemlich direkt. Ich habe mehr Geld, das ich in Berlin ausgeben kann. Und meine Gäste shoppen wie die Irren. Nicht selten kehre ich nach so einem Wochenende die Plastikverschlüsse von abgeschnittenen Preisschildern zusammen, die in die Parkettritzen gefallen sind.
Warum sind meine Kurzzeitvermietungen also illegal, wenn sie niemandem schaden, der Stadt aber nützen? Und warum ist es weiterhin erlaubt, ein Zimmer einer Wohnung dauerhaft über ein Portal wie Airbnb zu vermieten, nicht aber zeitweise die komplette Wohnung? Wo ist der Unterschied? Für mich ergibt das alles keinen Sinn.
Die Autorin möchte aus nachvollziehbaren Gründen anonym sein
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen