: Jetzt neu: Flüchtlinge warten mal hier, mal da
AsylNeue Verwaltungsstruktur: Alle Flüchtlinge müssen sich seit Freitag zunächst im ICC melden
Wegen gravierender Mängel hat das Lageso einem Betreiber von vier Notunterkünften für Flüchtlinge mit sofortiger Wirkung gekündigt. Bei dem Betreiber, der L.I.T.H.U. gGmbH, habe es erhebliche Mängel bei der Betreuung der Flüchtlinge gegeben. „Auch die hygienischen Zustände in den Turnhallen ließen es nicht länger zu“, mit der Firma zusammenzuarbeiten, erklärte Sozialsenator Mario Czaja (CDU) am Wochenende. Alle betroffenen Flüchtlinge seien umgezogen und würden ab sofort von anderen Betreibern betreut.
Bei den Einrichtungen handelte es sich um die Notunterkünfte Am Baltenring, in der Carola-Neher-Straße, in der Straße zum FEZ und in Alt-Moabit. Drei der Turnhallen seien vorzeitig freigegeben worden. Sie würden auch nicht wieder belegt. (epd)
Das Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso) probiert ein neues Wartesystem aus. Seit Freitag müssen alle Flüchtlinge für ihre Termine erst zum Gebäude des einstigen Internationalen Congress Centrums (ICC) in Charlottenburg fahren. Dort nehmen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Lageso ihre Anliegen entgegen.
Laut der zuständigen Senatsverwaltung könnten „kleinere Vorgänge“ wie die Ausgabe von Krankenscheinen und Routineaufgaben direkt vor Ort erledigt werden. Auch um Wohnraumvermittlung sollen sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dort kümmern. Allerdings kann am ICC kein Geld ausgezahlt werden. Dafür und für alle anderen Anliegen bekommen die Flüchtlinge dann einen Termin für die Abteilung in der Turmstraße.
Unterwegs mit Bus-Shuttle
Neu dabei ist, dass sie nun nicht mehr alle für 8 Uhr morgens einbestellt werden, sondern dass es drei Zeitfenster geben soll. Die Flüchtlinge bekommen entsprechende bunte Bändchen, ein Bus-Shuttle bringt sie vom ICC in die Turmstraße in Moabit. Nur noch in Ausnahmefällen sollen Flüchtlinge direkt dort vorstellig werden können.
Die Senatsverwaltung begründete dieses Vorgehen vor allem damit, dass es am ICC klimatisierte Wartebereiche für über 600 Personen und eine große Wartehalle gebe. Bisher hatte das Lageso Flüchtlinge pauschal für 7 oder 8 Uhr morgens einbestellt. Nach eigener Darstellung verbrachten viele Flüchtlinge selbst mit Termin meist den ganzen Tag am Lageso – wobei es oft vorkam, dass sie trotzdem nicht am angegebenen Tag drankamen.
Viele Freiwilligeninitiativen überzeugt das neue Verfahren nicht. „Nach unseren Informationen können nur etwa 15 Prozent der Anliegen direkt im ICC erledigt werden. Das ist vor allem die Ausgabe von Krankenscheinen an Geflüchtete, die noch keine Gesundheitskarte haben. Aber da hört es dann auch schon fast auf“, sagte Christian Lüder vom Netzwerk Berlin hilft. „Es ist Irrsinn, dass alle nun erst mal nach Charlottenburg müssen. Die drei Zeitfenster hätte man auch in der Turmstraße direkt einführen können.“
Logistisch erschließe sich ihm der Sinn dieser Doppelstruktur nicht. „Der Effekt ist natürlich, dass die Leute von der Straße wegkommen. Sie warten jetzt zwar besser und klimatisiert. Dafür sind sie am Lageso nicht mehr so sichtbar.“ Das sei wahrscheinlich auch so gewollt, vermutet Lüder.
Lageso weiter chaotisch
Am Lageso läuft immer noch viel zu viel schief, kritisiert auch Kaja Grabowski, die als freiwillige Helferin Flüchtlinge an der Turmstraße berät. Am Freitagmorgen, dem ersten Tag der neuen Regelung, hätten sie dort rund 300 Menschen weggeschickt. „Es war ihnen nur schwer zu vermitteln, dass sie zum ICC müssen, obwohl Turmstraße auf ihren Terminzetteln steht“, sagt sie. Nach ihren Informationen seien am Freitag alle rund 1.500 Menschen, die am ICC waren, in die Turmstraße gefahren worden, wo bis 21 Uhr nicht alle Termine bearbeitet werden konnten.
Die anderen dürften nun an diesem Montag doch wieder direkt in die Turmstraße kommen. „Wir verstehen nicht, warum das Lageso für jedes Anliegen einen Termin vergibt, sogar, um Zettel oder Briefe abzugeben“, sagt Kaja Grabowski. „Es wäre eine enorme Verbesserung, wenn es einen Briefkasten gäbe oder einen Schalter, wo jemand sitzt und das Eingangsdatum auf die Briefe stempelt.“
Bei einem Bekannten sei eine Frist verstrichen, weil er an dem Tag seines Termins nicht mehr drangekommen sei. „So etwas ist kein Einzelfall, sondern die Normalität hier“, berichtet Grabowski. Uta Schleiermacher
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