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„Er ist der Dolmetscher der Heizung“

SCHORNSTEINFEGER Lutz-Matthias Peters arbeitet auf Hamburgs Dächern – und ist mit seinem Beruf noch immer sehr glücklich. Seine Arbeit versteht er auch als einen Beitrag zum Umweltschutz

Liebt die traditionelle Schornsteinfegerkluft: Lutz-Mathias Peters Foto: Herbert Ohge

Interview Anna Dotti

taz: Herr Peters, wie sind Sie darauf gekommen, Schornsteinfeger zu werden?

Lutz-Matthias Peters: Das war Zufall. Ich wollte eigentlich Tischler werden, aber es gab keine Lehrstelle. Ich kam gerade aus einer Tischlerei, bei der ich mich vorgestellt hatte, als ein Schornsteinfeger auf dem Fahrrad an mir vorbeifuhr. Ich habe den gesehen und gedacht: Das ist auch ein Beruf! Dann bin ich ihm gefolgt und habe einfach gefragt: Wie wird man eigentlich Schornsteinfeger?

Was hat er Ihnen geantwortet?

Nachdem man bei der Schornsteinfeger-Innung Hamburg einen Eignungstest gemacht hat, wird man von dort an einen Betrieb vermittelt, der gern ausbilden möchte. Nach der Lehre ist man Geselle, und nach einer Weile strebt man die Meisterprüfung an. Danach kann man sich bei der Stadt Hamburg um einen Kehrbezirk bewerben. Das ist der schöne Karriereweg für einen Schornsteinfeger in der schönen Stadt Hamburg.

Welche besonderen Fähigkeiten sollte ein Schornsteinfeger haben?

Man braucht eine gewisse Sportlichkeit, wir müssen hoch klettern, uns auf dem Dach bewegen. Dann muss ein Schornsteinfeger auch kommunikativ sein. Er ist der Dolmetscher der Heizung, der Sprecher der Flamme. Wenn ich mit dem Messgerät meine Überprüfung gemacht habe, muss ich mit dem Kunden sprechen: Ein Schornsteinfeger muss viel und gerne reden. Und er darf selbstverständlich nichts gegen schmutzige Finger haben.

Braucht man auch spezifische Kenntnisse?

Wir messen viele Heizungen und dafür brauchen wir einige Messgeräte. Um diese zu verstehen, muss man zur Schornsteinfeger-Berufsschule gehen. Da sind vor allem Mathematik und Chemie gefragt. Unsere Arbeitsgeräte kann man nur mit einem solchen Hintergrundwissen benutzen.

Welche Aufgaben hat ein Schornsteinfeger?

Hauptsächlich fegen wir Schornsteine und messen Heizungen. Unsere Arbeit hat sich dahingehend verändert, dass wir jetzt viel mit Messen und Überprüfen beschäftigt sind. Wir arbeiten jeden Tag für die Sicherheit der Menschen, für das Energiesparen und den Umweltschutz.

Ist der Job wichtig für die Umwelt?

Natürlich. Da jede Heizung von einem Schornsteinfeger gemessen werden muss, kann er bei jeder Heizung feststellen, ob sie in Ordnung ist und wo das Verbesserungspotential liegt. So kann man weniger heizen, und die Heizung belastet weniger die Umwelt.

Was ist generell gut an dem Beruf?

Energieeinsparung und Umweltschutz finde ich gut. Das ist mein Thema: Ich fahre Elektroauto, viel Fahrrad und mag die Natur. Was ich auch gut finde: Dass ich jederzeit eine neutrale Position einnehmen kann. Ich kann immer sagen, was meiner Meinung nach besser für den Kunden ist. Diese freie Beratung finde ich wunderschön.

Ist es auch noch schön, wenn Sie eine schlechte Botschaft überbringen?

Eigentlich schon, weil die Kunden wissen, dass ich keinen persönlichen Gewinn davon habe. Deswegen kann ich auch sagen, dass die Heizung zu alt ist und ­komplett erneut werden sollte. Die Kunden machen das dann, ohne mir böse zu sein.

Wie ist die Bezahlung?

Im Vergleich zu anderen Handwerkern ist die Bezahlung vor allem für junge Gesellen sehr gut. Sie ist gut für junge Menschen, die den schönen und am Ende auch auskömmlichen Karriereweg eines Bezirksschornsteinfegermeisters vor sich haben.

Stimmt es, dass Schornsteinfeger heutzutage dringend gesucht werden?

Lutz-Matthias Peters

55, ist Schornsteinfeger im Bezirk Hamburg-Langenhorn. In seiner Familie war er der erste mit dem Beruf, jetzt hat er ihn an seinen Sohn weitergegeben.

Dringend gesucht nicht. Es ist aber so, dass die neue Generation einfach nicht weiß, dass es Schornsteinfeger immer noch gibt. Wir müssen uns mehr zeigen, so dass der kleine Junge oder das kleine Mädchen unseren schönen Beruf bemerken.

Ist dieser Beruf nicht gefährlich?

Natürlich kann es gefährlich sein: Der Schornsteinfeger ist der einzige Handwerker, der sich auf dem Dach frei bewegt. Aber ich habe gelernt, das zu machen. Wenn man das gut tut, ist es überhaupt nicht gefährlich. Tatsächlich ist meine Unfallversicherung billiger als die eines Taxifahrers.

Tragen Sie die traditionelle Kleidung während der ­Arbeit?

Ja, ich bin immer traditionell gekleidet. Dieser Beruf hat eine wunderschöne Tradition und es ist mir eine Freude und eine Ehre, sie zeigen zu dürfen. Zudem sind die Leute glücklich, wenn sie mich sehen und zu mir kommen. Man kann diese Freude allein aufgrund seiner traditionellen Klamotten hervorrufen – das ist wunderbar.

Warum bringen Schornsteinfeger eigentlich Glück?

Wir verhindern, dass die Häuser brennen: Das ist ein großes Glück!

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