Minister warnt vor Dosensuppe

Bayerns Landesregierung nennt erstmals Produkte, in denen offenbar Ekelfleisch verarbeitet wurde. Das Grundproblem sind aber Personalmangel, fehlende Kontrollmöglichkeiten und die generell erlaubte „Verwurschtelung“ von Schlachtabfällen

VON KLAUS WITTMANN

Der „Ekelfleisch“-Skandal ist in den deutschen Küchen angekommen. Das bayerische Umweltministerium hat gestern vor dem Verzehr des „Hühnersuppentopf“ und „Hühnerklein“ mit dem Handelsnamen „Gelha“ gewarnt. Sollten die Produkte zwischen Dezember 2004 und Februar 2005 hergestellt worden sein, könnten sie für Menschen nicht zugelassene Fleischabfälle enthalten. Die Ware wurde an Abnehmerfirmen in neun Bundesländern geliefert. Umweltminister Werner Schnappauf sagte: „Alle Verbraucher sollten schauen, ob sie von diesen Produkten etwas in der Kühltruhe haben. Wenn ja, zurück in den Handel und Geld zurück!“ Eine Gesundheitsgefahr bestehe aber nicht. „Abgesehen vom Ekelfaktor“ seien die Produkte unbedenklich.

Der Hersteller der Suppen und Geflügelteile, die „Rottaler Geflügel Produkte“, zeigte sich gestern überrascht. Inhaber Ronald Plettrichs sagte der taz, seine Firma habe 36 Tonnen Geflügelrücken über die Deggendorfer Frost GmbH bezogen. Das Fleisch stamme ursprünglich von einem österreichischen Lieferanten und sei in der eigenen Qualitätskontrolle nochmals überprüft worden.

Im Bayerischen Umwelt- und Verbraucherschutzministerium bleibt man trotzdem bei der Warnung. Man gehe davon aus, dass der niederbayerischen Firma die Produkte „untergejubelt“ wurden. Tatsächlich fanden die Ermittler heraus, dass zumindest in einigen Fällen die so genannte Kategorie-3-Ware, also lebensmitteluntaugliche Schlachtabfälle, schon auf dem Weg vom Lieferanten zum Empfänger umdeklariert wurde.

„Da können wir noch so viel kontrollieren und finden nichts, wenn auf einem anonymen Autobahnparkplatz kurzerhand umetikettiert wird“, schimpft denn auch der Sprecher des Deggendorfer Landratsamtes, Josef Ehrl. Damit wehrt er sich gegen Vorwürfe des Bundesvorsitzenden der Lebensmittelkontrolleure, Hans-Henning Viedt. Dieser hatte „gravierende Fehler bei der Veterinärkontrolle“ in Bayern kritisiert. Wenn dieser Betrieb schon vor zwei, drei Jahren juristisch aufgefallen sei, hätte man doch viel intensiver kontrollieren müssen. Zudem würden in Deutschland 2.500 Lebensmittelkontrolleure fehlen, 450 davon in Bayern. Das gehe zweifelsfrei zu Lasten der Verbraucher.

Der zuständige Landratsamtssprecher kontert, fünfmal seien die Kontrolleure in diesem Jahr bei der Firma gewesen. Und einmal, im August – längst bevor man etwas von dem Skandal ahnen konnte – sei fünf Tage lang aus hygienischen und baulichen Gründen der Betrieb vorübergehend geschlossen worden.

Ehrl macht aber auf einen eklatanten Fehler im System aufmerksam. „Früher war das alles Schlachtabfall und wurde in Tierkörperbeseitigungsanlagen vernichtet. Heute teilt man diese Ware in drei Kategorien ein und verwurschtelt auch noch das letzte Gramm.“ Eine lückenlose Kontrolle sei nahezu unmöglich.