: Die Folgen von Zwangsräumung
Widerstand Die Fotoausstellung „Ob Nuriye, ob Kalle, wir bleiben alle!“ im FHXB Friedrichshain-Kreuzberg Museum
„Ich mag keine Räumungen“ hatte ein Jugendlicher auf das Schild gemalt, mit dem er am 2. April 2014 gegen eine Zwangsräumung in der Neuköllner Wissmannstraße protestierte. Das Motiv ist Teil der Fotoausstellung „Ob Nuriye, ob Kalle – wir bleiben alle!“, die bis zum 12. Juni im FHXB Friedrichshain-Kreuzberg Museum zu sehen ist.
Fotos von fünf FotografInnen werden präsentiert, die Aktionen von Berliner MietrebellInnen der letzten drei Jahre dokumentieren. In der vom Umbruch Bildarchiv kuratierten Ausstellung sind Arbeiten der FotografInnen Andrea Linss, Christina Palitzsch, neuköllnbild, Hermann Bach und Peter Homann zu sehen.
Mehrere Fotos erinnern noch einmal an die massiven Proteste gegen die Zwangsräumung der Familie Gülbol im Februar 2013 in Kreuzberg – der Widerstand hatte Signalwirkung. Danach wehrten sich MieterInnen nicht nur in Kreuzberg, Friedrichshain und Neukölln sondern auch in Spandau, Staaken und Charlottenburg gegen ihre Vertreibung.
Neben den Fotos finden sich kurze Angaben über die Hintergründe der Räumung und die Situation der betroffenen Menschen. Häufig haben sie mehrere Jahrzehnte in der Wohnung gelebt und stehen nun auf der Straße.
Oft werden die menschlichen Tragödien hinter den Räumungen erkennbar. So sind Proteste gegen die „Räumung einer vierköpfigen Familie nach Eigentümerwechsel“ am 31. März 2014 in der Neuköllner Jahnstraße dokumentiert. Auf einen anderen Foto sieht man einen Mann in einem weißen Gewand, der von einen Dach springen will. Es ist der Besitzer von Ali Babas Blumenladen, der am 14. 10. 2014 in Spandau geräumt wurde. Seine UnterstützerInnen konnten den Mann vom Selbstmord abhalten.
Auf einem Foto ist die Beerdigung der Rentnerin Rosemarie F. dokumentiert, die zwei Tage nach ihrer Räumung am 11. April 2013 gestorben ist. Daneben sieht man auf einen Bild jubelnde DemonstrantInnen einige Wochen zuvor. Sie haben gerade erfahren, dass ein erster Räumungsversuch der Rentnerin verschoben worden ist.
Der Fotograf Hermann Bach vom Umbruch Fotoarchiv will mit der Ausstellung darüber informieren, dass Protest und Widerstand möglich sind. „Ich denke, dass täglich Läden verschwinden, dass Menschen gekündigt werden, das ist bekannt. Was nicht so bekannt ist: dass es Proteste dagegen gibt und dass der Protest zunimmt. Und dass es noch nicht entschieden ist, ob das so weitergeht oder nicht“.
Eine Fotografie zeigt den akut von Räumung bedrohten Betreiber des Gemischtwarenladen mit Revolutionsbedarf M99, Hans Georg Lindenau. Er ist bei einer Kundgebung zu sehen, in seinem Rollstuhl. Mittlerweile haben zahlreiche NachbarInnen in einer Erklärung den Erhalt des Ladens gefordert.
Peter Nowak
Ausstellung „Ob Nuriye, ob Kalle, wir bleiben alle“, bis zum 12. Juni, Treppenhaus des FHXB Friedrichshain-Kreuzberg Museum, Adalbertstraße 95a, Dienstag bis Sonntag 10 bis 19 Uhr, Eintritt frei
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