Berliner Szenen: Hasenheide
Blanke Hintern
Auf der Nachbarwiese in der Hasenheide tagt eine gut gelaunte Nudistenclique in der Sonne: junge Frauen und Männer mit Tattoos, die teilweise nichts und teilweise Lack- und Lederhalfter tragen. Sie trinken Sekt, ziehen sich gegenseitig an den Riemen, und amüsieren sich wie Bolle im Swingerclub. Durch die Büsche neben ihnen stromern mit der Zeit immer mehr männliche Pilzesucher ohne Körbchen, auch die Wiesenränder werden zunehmend von männlichen Picknickern ohne Picknickaccessoires gesäumt. Die NudistInnen stört das nicht – vielleicht sind sie ExhibitionistInnen, deren Lebensfreude im Keim erstickt würde, wenn es keine Spanner gäbe.
Ob zwischen Exhibitionisten und Voyeuristen eine ähnlich fruchtbare Beziehung besteht wie zwischen Sadisten und Masochisten? Und ob Exhibitionisten egal ist, wer zuguckt? Gibt es die Technik des „Moonings“, das Zeigen des blanken Hinterns, wirklich schon seit dem Mittelalter? Und wieso haben die Maori sogar einen eigenen Ausdruck („Whakapohane“) dafür, und wir haben keinen?
Trage mich mit dem Gedanken, ein Gespräch mit den jungen Nackten anzufangen, bin dann aber doch zu prüde. Stattdessen überlege ich, ob in einer lauten Bar während eines Kennenlerngesprächs wohl schon einmal „Nudist“ als „Buddhist“ missverstanden wurde. Man könnte das gut rappen: „Bist du Buddhist / oder bist du Nudist / haun dich Tibeter / von den Socken / oder nackichte Glocken...“ Es geht nichts über deutliche Kommunikation.
Bei Roky Erickson, der letztens im White Trash mit Psychedelic-Präziosen und beeindruckendem Bart die Bude unter den Tisch rockte, macht mich jemand mit dem Vorschlag „Ich hätte Lust auf einen Martini-Fick!“ neugierig. Er hatte dann aber doch nur einen „Martini Fig“ gemeint, einen Feigenmartini. Feige. Echt feige. Jenni Zylka
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