Nach dem Abgasskandal bei VW: Größter Verlust der Konzerngeschichte

Für die Folgen des Diesel-Abgasskandals muss der Konzern in seiner Bilanz für 2015 rund 16,2 Milliarden Euro zurückstellen.

VW-Symbol auf dem Heck eines Autos. Der Lack ist zerkratzt

Der Abgasskandal kratzt das Image des VW-Konzerns an Foto: dpa

WOLFSBURG dpa | Angesichts der immensen Kosten für den Abgas-Skandal muss Volkswagen den größten Verlust seiner Konzerngeschichte verkraften. Im vergangenen Jahr lag das Ergebnis unterm Strich mit minus 1,6 Milliarden Euro massiv in den roten Zahlen. Das teilte Europas größter Autobauer am Freitag in Wolfsburg nach einer Sitzung des Aufsichtsrats mit.

2014 stand noch ein Gewinn von knapp 11 Milliarden Euro in den Büchern. Das operative Ergebnis sackte von 12,7 Milliarden Euro 2014 auf minus 4,1 Milliarden. Ohne die Kosten für die Abgas-Affäre wäre das Ergebnis operativ aber leicht gestiegen. Der Umsatz von Europas größtem Autobauer stieg um 5,4 Prozent auf gut 213 Milliarden Euro.

VW verschiebt zudem seinen für Ende April angekündigten Zwischenbericht zur Schuldfrage im Abgas-Skandal auf unbestimmte Zeit. Die Verzögerung hänge mit „unvertretbaren Risiken“ für den Konzern zusammen, weil sich mögliche Strafen gegen das Unternehmen mit einer Veröffentlichung erhöhen könnten, teilte der Autokonzern mit.

Der Abgas-Skandal lässt auch die Dividende erheblich einbrechen. Der Konzern will für jede seiner stimmrechtslosen Vorzugsaktion nur noch 0,17 Euro ausschütten. Vor einem Jahr war für 2014 noch der Rekordwert von 4,86 Euro geflossen. Für die stimmberechtigten VW-Stammaktien sollen entsprechend 0,11 Euro fließen (zuvor: 4,80 Euro).

Für die Folgen des Diesel-Skandals muss der Konzern in seiner Bilanz für 2015 rund 16,2 Milliarden Euro zurückstellen. Dazu kommen 200 Millionen Euro für Umbauten etwa in der Lastwagen-Sparte. Damit steigt der Puffer für Sonderbelastungen im dritten Quartal noch einmal um fast 10 Milliarden Euro auf 16,4 Milliarden Euro an.

Diskussionsbedarf beim Thema Boni

Zuletzt hatte es im Jahr 1993 einen Jahresfehlbetrag gegeben, als sich VW ebenfalls in einer Krise befand: 1,94 Milliarden D-Mark, also umgerechnet rund eine Milliarde Euro. Weitere Verluste in den 1980er und 1970er Jahren waren weit geringer. Im Jahr 2014 hatte der Konzern unter dem Strich rund 11 Milliarden Euro verdient.

Der Vorstand des VW-Konzerns stellte seinen Anspruch auf Bonuszahlungen in Teilen zurück, muss aber keinen endgültigen Verzicht in Kauf nehmen. Zwar behalte der Konzern etwa 30 Prozent der variablen Vergütung der Vorstände ein. Das Geld werde aber in Aktien umgewandelt und geparkt, erklärte der VW-Aufsichtsrat und niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) am Freitag in Wolfsburg. Nach Ablauf von drei Jahre werde geprüft, wie sich der Aktienkurs entwickelt hat. Liege der um ein Viertel über dem jüngsten Niveau, werde das Geld ausbezahlt, liege er darüber, gebe es sogar entsprechend mehr Geld zurück. Nur wenn der Kurs darunter liege, bekämen die betroffenen Vorstände das Geld nicht.

Volkswagen hatte mit einer illegalen Software Abgastests bei Dieselfahrzeugen manipuliert. Dabei ging es um Werte des gesundheitsschädlichen Stickoxids. Dies hatte den Konzern in eine schwere Krise gestürzt. Weltweit sind elf Millionen Fahrzeuge betroffen. VW drohen neben den hohen Rückstellungen in der Bilanz noch immense Risiken wegen Strafzahlungen und Klagen in Milliardenhöhe.

Angesichts der massiven roten Zahlen drohen bei Volkswagen in den kommenden Wochen und Monaten heftige Auseinandersetzungen zwischen dem Management und den mächtigen Arbeitnehmervertretern. Bei der ertragsschwachen Kernmarke VW mit Modellen wie dem Golf und dem Passat will Markenchef Herbert Diess den Sparkurs verschärfen. Auf Initiative des Betriebsrats soll es aber nun Verhandlungen über feste Produkt-, Stückzahl- und Investitionszusagen für die nächsten Jahre geben.

Fortschritte in den USA

Am Donnerstag erzielte VW Fortschritte in den USA, wo der Skandal vor sieben Monaten seinen Ursprung genommen hatte. VW einigte sich mit den US-Behörden auf die Grundzüge einer Lösung im Abgas-Skandal. VW hat nun die Chance, mit Behörden und Sammelklägern Vergleiche auszuhandeln.

Die Lösung umfasst nach Angaben des zuständigen Richters in San Francisco die Option, dass VW einen Großteil der Autos zurückkaufe oder durch Umrüstung in einen erlaubten Zustand versetze. Leasingnehmern werde das Recht eingeräumt, ihre Verträge zu beenden und ihre Wagen zurückzugeben. Zudem werde der Hersteller „substanziellen Schadenersatz“ an die Besitzer zahlen. Konkrete Zahlen hierzu wurden aber zunächst nicht genannt. Die laufenden strafrechtliche Ermittlungen der US-Justiz und Verfahren von US-Staatsanwälten sind von der Einigung nicht betroffen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.