Trotzdem geblieben

EXPERIMENTELLE MUSIK Morgen und am Samstag lädt die Hörbar zum Jahresausklangfestival. Zu Gast ist dieses Jahr unter anderem der Berliner Industrial-Pionier Frieder Butzmann

„Gute Musik ist, wenn man trotzdem bleibt“, soll Butzmann einmal gesagt haben

VON ROBERT MATTHIES

„Gute Musik ist, wenn man trotzdem bleibt“, soll Frieder Butzmann einmal gesagt haben. Und tatsächlich, was der Berliner Geräuschesammler, Industrial-Pionier, „Krachmacheur“, Sprachverdreher, Instrumentenbauer, Klangdadaist, Musikforscher und „Geniale Dilletant“ schon seit den 70ern mit Küchenmixer, Salatschüssel, Schlauchtrompete, „Quitschophon“ oder schlicht, indem er um einen Flügel herumsaust und schließlich eine Platte in die Saiten wirft, in seinem Studio für Komische Musik anrichtet, ist nicht immer leicht verdauliche Konzert-, Performance-, Hörspiel-, Filmusik- oder Opernkost, fast immer aber urkomisch – und immer ein Befreiungsschlag.

Morgen Abend kann man sich davon beim 18. Jahresausklangfestival im B-Movie selbst überzeugen. Seit rund zwanzig Jahren verwandelt sich dessen Foyer einmal in der Woche in die Hörbar, Hamburgs zentralen Treffpunkt für Produzent_innen und Konsument_innen experimenteller elektronischer, elektro-akustischer und industrialer Geräuschmusik. Hier spielen sich die Freund_innen furchtloser Klangerkundungen gegenseitig ihre Werke vor, tauschen Informationen und planen gemeinsame Projekte. Oder lauschen einfach mal, welch interessante Klänge ein Bier erzeugen kann.

Regelmäßig finden im Kinosaal des B-Movie auch Konzerte, Lesungen, Tanzperformances und Filmvorführungen statt. Die Grenzen sind dabei weit gesteckt, man ist offen für alle Künstler, die ihre Stücke vorstellen wollen. Das gilt auch für das zweitägige Festival, das die Hörbar zum nunmehr achtzehnten Mal am Ende jedes Jahres veranstaltet: Im Kinosaal treten Künstler oder Gruppen auf, im Keller präsentieren sich außerdem etliche Labels für experimentelle Musik.

Neben Butzmann sind dieses Jahr fünf weitere Projekte zu hören, jeweils drei an einem Abend. Die im japanischen Niigata neben dem größten Atomkraftwerk der Welt geborene und heute in Berlin lebende Elektronikmusikerin und Sängerin Manami N. präsentiert eine audio-visuelle Performance, in der sie ihre Ängste, Gedanken und Gefühle im Anschluss an die Katastrophe von Fukushima verarbeitet. Hörbar-Gründer Wolfgang Neven und seine Ehefrau Greta Schmitthammer präsentieren mit ihrem „Unpreetzisen Klanglabor“ ein Konzert für Traktoren und Zither, zu Gast sind am Samstag außerdem Elektronik-Produzent und Betreiber des Labels faitiche Jan Jelinek, das Impro-Industrial-Musique-concrète-Duo mensch mensch mensch und Rolf Pifnitzkas und Volker Havliks Audiovisionen-Projekt The Real Viper.

■ Fr, 28. 12. und Sa, 29. 12., je 21 Uhr, B-Movie, Brigittenstraße 5