betrachtet das Treiben auf Berlins Bühnen

ESTHER SLEVOGT

Viele glauben ja immer noch, der legendäre Silvestersketch „Dinner for one“ wäre ein Stück genuiner britischer Humor. Dabei kennt den Film in Großbritannien kein Mensch, denn der berühmte Sketch ist 1963 im Auftrag des Norddeutschen Rundfunks entstanden und die 90-jährige Miss Sophie und ihr trinkfester Butler sind damals auch nicht Silvester, sondern mitten im Sommer in einer Sendung der westdeutschen Showlegende Peter Frankenfeld zum ersten Mal auf das deutsche Publikum losgelassen worden. So gesehen ist das Silvesterkultstück also eher ein Prachtstück deutscher Mentalitätsgeschichte: da die eigenen Traditionen nun wahrlich nicht zum Lachen waren, griff man eben auf die der britischen Nachbarn zurück. Falsche Engländer tummelten sich in jenen Jahren auch in den Verfilmungen der Edgar-Wallace-Romane. Wobei Miss Sophie alias May Warden und ihr beständiger Lover und Butler Freddie Frinton tatsächlich englische Komiker waren. Bloß die Lachkonserven im aus dem Off kamen aus deutschen Kehlen. Ja. Das „Dinner for one“ gibt es inzwischen auch schon seit zwölf Jahren als Live-Act. Und zwar in der Brotfabrik am Caligariplatz. Dort sagt man allerding selbstbewusst: „Not the same procedure as every year“, denn der Sketch wird als ganz eigene Variation von drei Akteuren als Soap präsentiert, pro Jahr eine Folge. Am 31. 12. ist also Folge 13. zu sehen, mit Doreen Wermelskirchen, Martin Heesch und Annika Hein. Sechsmal läuft das Stück am Silvestertag (also Montag um 15.30, 16.30, 17.30, 19.30., 20.30 und 21.30 Uhr. Alle Infos www.brotfabrik-berlin.de).

Selbst nach der letzten Vorstellung bleibt Montag dann also immer noch Zeit, um sich zur Silvesterparty ins Ballhaus Naunynstraße zu begeben, wo man ab 22 Uhr auf die postmigrantische Zukunft anstoßen wird. Und zwar vor dem Hintergrund eines Sound-Clusters, für den sich u.a. DJ Zigan Aldi, DJ Grace Kelly, DJ Mehmet Yılmaz, DJ Idil Üner, Sayko Bas und das Berlin Metropol Orchester verantwortlich zeichnen werden.

Auch im Radialsystem gibt es ab 23 Uhr eine Silvesterparty, mit Fusion-Sound von DJ Ipek. Vorher kann man mit der Capella de la Torre einen musikalischen Flug durch die Zeit unternehmen. „Ciaconna“ heißt das Programm mit Musik von der Renaissance bis in die Gegenwart (Montag, 21 Uhr). Wer Konzertkarten kauft, kann automatisch an der anschließenden Party teilnehmen. Und dann um Mitternacht auf der Terrasse des Radialsystems direkt am Spreeufer mit Blick auf Berlins Skyline im Schein des Feuerwerks auf ein glückliches Jahr 2013 anstoßen.

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