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In Asendorf produziert die Molkerei der kleinen ländlichen Genossenschaft Hoya cremige QuarkvariantenDas ist doch alles Quark!

Foto: A. Wemheuer

Mundwerk

vonChristoph Raffelt

Wenn ich früher bei meiner Großmutter am Niederrhein in den Ferien war, gab es dort morgens immer Scheiben von dunklem Brot mit selbstgemachter Marmelade und einem Berg Quark. Damals wusste ich noch nicht, dass dieses Produkt eigentlich ein Schichtkäse war. Und Schichtkäse, das weiß ich heute, schmeckt meist deutlich besser als Quark.

Doch worin liegt der Unterschied? Quark ist im Prinzip saure Milch, die man dick werden lässt und grob würfelt, um die Molke abfließen zu lassen. Die Kunst besteht darin, einen bestimmten Anteil der Molke im Käse zu belassen, damit dieser nicht zu trocken wird. Bei industriell hergestelltem Quark führt die Technisierung so gut wie immer zu einer spürbaren Trockenheit des Endproduktes.

Das wird einem genau dann klar, wenn man mal nach Asendorf fährt, um dort die Molkerei der kleinen ländlichen Genossenschaft Hoya zu besuchen. Die produziert nicht nur eine Quarkvariante aus Buttermilch, die so cremig ist, dass sie mich im Proustschen Sinne direkt in meine Kindheit zurückversetzt.

In der Molkerei gibt es vor allem einen Schichtkäse, der um Längen von jedem Quark entfernt ist, den ich vorher kannte. Dafür wird die Dickmilch, die sogenannte Dickete, grob zerkleinert, sodass ein Käsebruch entsteht, der sich über Nacht ausruhen darf und händisch in mehreren Schichten in Körbchen geschöpft wird. Diese Schichten haben einen jeweils unterschiedlichen Fettgehalt, sodass man sich durch verschiedene Konsistenzen isst, die im modernen Sprachgebrauch auch gerne Texturen genannt werden.

Neben der Variante mit Schichtkäse und Marmelade auf der Stulle mag ich den Schichtkäse am liebsten im Käsekuchen. Da wird der Unterschied zur Magerquarkvariante aus dem Supermarktregal besonders deutlich.

Wenn man den Weg hinaus aufs Land zwischen Bremen und Hannover gefunden hat, lohnen sich die paar Minuten Zeitaufwand für einen Molkereibesuch, denn die Genossenschaftler dort freuen sich über das Interesse an ihren Produkten und erklären gerne die Produktionsprozesse. Auch darf die Kühltasche nicht fehlen, denn in die gehören neben den Quarkvarianten auch andere typische Molkereiprodukte wie die Sahne, der Joghurt und die Frischmilch, die bei den Genossenschaftlern übrigens nicht homogenisiert wird.

Wenn man dann an der Kasse ankommt, ertönt dort ein Geräusch aus Großmutters Zeit, der Klang einer Registrierkasse, die man sonst nur noch im Museum findet.

Molkerei Grafschaft Hoya eG, Raiffeisenstr. 11, 27330 Asendorf

Christoph Raffelt schreibt seit 2007 über Wein, Bier und handwerklich gemachte Produkte –vor allem in seinem Magazin origi nalverkorkt.de.

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