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Ein Hoch auf die Rebellen

Irland Das Land begeht den 100. Jahrestag des Osteraufstands. Es werden alle patriotischen Register gezogen. Parteien versuchen das Ereignis zu instrumentalisieren

Man hat dem Osteraufstand einen folkloristischen Anstrich verpasst

Von Ralf Sotscheck

BERLIN taz | Irland hat am Sonntag seine Rebellen gefeiert. Es war der 100. Jahrestag des Osteraufstands, der die Unabhängigkeit, aber auch die Teilung der Insel einleitete. Höhepunkt der Feierlichkeiten war eine Parade mit 4.000 Polizisten, Soldaten und Mitgliedern der Rettungsdienste. Irlands Staatspräsident Michael D. Higgins, der bereits am Vormittag einen Kranz vor dem Kilmainham-Gefängnis niedergelegt hatte, wo 14 Rebellen hingerichtet worden waren, legte um 12 Uhr mittags einen weiteren Kranz vor dem Postamt in Dublins O’Connell Street ab, dem Hauptquartier der Aufständischen. Hunderttausende Menschen waren gekommen, und kaum ein Politiker oder Diplomat ließ sich das Ereignis entgehen.

Nachdem die irische Trikolore auf halbmast gesenkt wurde, sprach ein Pfarrer ein Gebet für „all die mutigen Menschen aus Irland, die gewagt hatten, von einer leuchtenden Zukunft für unser Land und seine Bewohner zu träumen“. Danach spielte eine Militärkapelle ausgerechnet Danny Boy, jenes von einem Engländer geschriebene Lied, das in den USA als irischster aller Songs gilt. Schließlich trug der Armee-Offizier Peter Kelleher die Unabhängigkeitsproklamation vor, die vom Rebellenführer Padraig Pearse 1916 vor der Hauptpost verlesen worden war. Alle patriotischen Register wurden gezogen – von der Nationalhymne über das Trompetensolo „The Last Post“ bis zum Auftritt von vier Kindern, die Irlands vier Provinzen symbolisierten.

1916 war die Bevölkerung keineswegs stolz auf die Rebellen. Sie wurden bespuckt und mit Steinen beworfen, nachdem die britische Armee den Aufstand niedergeschlagen hatte. Er hatte nur fünf Tage gedauert. Vorbereitet wurde er lange zuvor.

Auf die Aussperrung 1913, mit der die Arbeitgeber die Ausbreitung der Gewerkschaftsbewegung verhindern wollten, hatte der Sozialist James Connolly mit der Gründung der Irish Citizen Army reagiert, einer bewaffneten Gruppe zum Schutz der Arbeiter und Streikenden. Diese Armee bereitete sich mit zwei anderen bewaffneten Gruppen ab 1915 auf einen Aufstand vor.Man wählte den Ostermontag, weil an dem Tag die britischen Offiziere beim Pferderennen weilten. Es war ein schlecht bewaffneter und schlecht organisierter Haufen von rund 1.800 Aufständischen, der mehrere strategische Gebäude in der Stadt besetzte. Gegen die mit schweren Waffen anrückenden britischen Truppen hatten die Rebellen jedoch keine Chance.Damit hätte man den Aufstand zu den Akten legen können. Die Todesurteile änderten alles. Die Kolonialmacht ließ die Anführer der Rebellen hinrichten. Connolly, der bei den Kämpfen verwundet worden war, musste an einen Stuhl gebunden werden, weil er vor dem Erschießungskommando nicht stehen konnte.

Zudem wurden willkürlich Leute verhaftet, vor allem Mitglieder der Sinn Féin (“Wir selbst“), die sich zu einer radikalen nationalistischen Volkspartei entwickelt hatte. Die Briten ließen sogar den Bürgermeister von Cork ermorden.Die Folge war, dass Sinn Féin im Dezember 1918 bei den Wahlen 73 von 105 Mandaten gewann. 36 ihrer Abgeordneten saßen in englischen Gefängnissen. Die Partei rief 1919 die Republik aus und löste einen zweijährigen ­Unabhängigkeitskrieg aus. Diesmal unterstützte die Bevölkerung die Aufständischen, sodass die britische Regierung 1921 einen Friedensvertrag anbieten musste, der die Teilung der Insel besiegelte.

100 Jahre nach dem Osteraufstand versuchen die Parteien aus dem Ereignis Kapital zu schlagen. Die Parlamentswahlen vom Februar 2016 sind zwar vorbei, aber sie haben keinen Gewinner hervorgebracht, sodass Irland von einer provisorischen Regierung geleitet wird, bis sich eine der beiden großen Parteien eine Mehrheit zusammengeschustert hat oder man das Stimmvieh zurück an die Wahlurne schickt.

Dass mit der Teilung Irlands die Saat für den nordirischen Krieg gelegt worden war, der 1969 wieder aufflammte, kehren diese Parteien unter den Teppich. Der Konflikt ist noch zu frisch in Erinnerung, während man dem Osteraufstand einen folkloristischen Anstrich verpasst hat. Dabei war er alles andere als ein Kaffeekränzchen, es starben 485 Menschen in jenen fünf Tagen.

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