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Archiv-Artikel

Einmalig bedruckt

„Jedes Teil ist ein Unikat“ – die Künstlerin Andrea van Reimersdahl bedruckt T-Shirts. Perfekte Schnitte bei ihren Modellen irritieren sie

Nähen kann sie nicht, entwerfen fällt ihr schwer und Marketing ist auch nicht ihr Ding. Dennoch gehört Andrea van Reimersdahl in der deutschen Modeszene zu den erfolgreichen Newcomern. Eigentlich hat die 32-Jährige bildende Kunst studiert, war am Royal College of Art in London und hat ihren Abschluss an der Kunsthochschule Weißensee gemacht. „Während des Studiums kam ich auf die Idee, meine Siebdrucke nicht nur auf Leinwand, sondern auf T-Shirts zu drucken.“ Das war auf Anhieb ein Erfolg. Freunde wollten die tragbare Kunst, dann Freunde der Freunde. Die Idee verselbstständigte sich.

Vor knapp drei Jahren hat Andrea van Reimersdahl in Berlin ihren Laden aufgemacht. Dort arbeitet die Mutter eines Säuglings zusammen mit einer Assistentin und einer Praktikantin an neuen Kollektionen und zeigt Ausstellungen zum Thema Kunst und Mode. Vorne hängt, was hinten über einer alten Badewanne bedruckt wird. Die Siebe, mit denen die Künstlerin ihre Collagen entwirft, sehen aus wie alte Fensterrahmen. Nebenan wird auf einem Tisch der Druck auf den Stoff gebracht. „Das Ergebnis ist jedes Mal anders“, so van Reimersdahl. Manchmal brauche es zehn Anläufe, um ungefähr das hinzukriegen, was sie sich vorgestellt hat. Zum Schluss zeichnet sie frei Hand Schiffe, Köpfe oder Waschanleitungen auf die Kleider. „Jedes Teil ist ein Unikat“, erklärt die Modekünstlerin.

Einzigartig auch: die bewusst schlampig gesetzten Nähe, mit der Schere ausgeschnittene Ärmel. All das erinnert ein bisschen an Anarchie und an das Hadern mit dem Metier. „Für mich wäre ein Modedesignstudium nie in Frage gekommen. Viel zu langweilig.“

Van Reimersdahl möchte bewusst die Grenze zwischen Kunst und Mode überwinden. Deshalb zeigt sie in ihrem Ausstellungsbereich auch Designer, die sich provokant zeigen, etwa Diplomarbeiten: quallenartige Mode aus durchsichtigen Stoffen, Ziehharmonika-Stiefel oder Armeejacken mit Rüschenfutter. Im Gegensatz zu der Künstlerin verlassen viele Nachwuchstalente jedoch spätestens bei ihrem ersten festen Job wieder die Pfade des Ungewöhnlichen und entwerfen, was verlangt wird.

Auch van Reimersdahl hat da ihre Erfahrung gemacht. Für die Modemarke Prada sollte sie eine Kollektion bemalen. Sie probierte es aus und warf den Auftrag gleich wieder hin. „Es hat nicht funktioniert“, sagt sie nüchtern, ohne einen Anflug von Reue. Kunst kommt eben aus dem Bauch heraus. Da geht nichts auf Abruf. „Und die perfekten Schnitte haben mich irritiert.“ Das wäre eben kein typischer van Reimersdahl geworden.

Mittlerweile verkauft die gebürtige Westfälin ihre ungewöhnlichen Kleider, T-Shirts und Mäntel in ganz Europa. Auch in Museumsshops. Denn viele ihrer Kleider erinnern auch heute wie am ersten Tag an Kunst am Körper. Dafür muss man noch nicht mal besonders mutig sein: Die Preise liegen durchaus im Bereich des Erträglichen, und viele Stücke sind aus Jersey und lassen sich gut waschen.

Di.–Fr. 12–19 Uhr, Sa. 14–18 Uhr, Tucholskystraße 47, Mitte, U-Bahn Oranienburger Tor, Tel. (0 30) 28 09 61 79, www.van-reimersdahl.com