: Bitte keine Kandidatendebatte
SPD Die Sozialdemokraten wollen die AfD in der Sozialpolitik entlarven und demonstrieren Geschlossenheit. Im Berliner Willy-Brandt-Haus gibt es am Montag Blümchen für Gewinner und Verlierer, Nachfragen der Medien sind nicht zugelassen
Sigmar Gabrel
Die drei Landtagswahlen haben der SPD eine schwierige Interpretationslage hinterlassen: In Rheinland-Pfalz hat Ministerpräsidentin Dreyer ihr Amt verteidigt, obwohl sie monatelang in den Umfragen hinter Julia Klöckner (CDU) lag, in Baden-Württemberg und Sachsen-Anhalt erzielten die Sozialdemokraten Ergebnisse nur knapp oberhalb der Zehn-Prozent-Marke. Eine Frage der Personen oder des Programms? Die SPD ist im Süden der Republik, in Bayern, Sachsen, Thüringen und nun aber auch in Baden-Württemberg und Sachsen-Anhalt keine Volkspartei mehr. Bundestagswahlen lassen sich so nicht gewinnen. Vor allem: Die SPD hat massiv an die AfD verloren, in allen drei Wahlen zusammen 143.000 Wähler. Die Flüchtlingsfrage spaltet die SPD-Wählerschaft.
„Eine Zäsur“ sei die Wahl gewesen, hatte Parteichef Gabriel schon am Wahlabend verkündet. Die demokratische Mitte sei kleiner geworden. Die Sozialdemokraten würden „den Populisten nicht hinterherlaufen“, sagte er am Montag. SPD-Kernthemen seien eine liberale Gesellschaft und sozialer Zusammenhalt. In der Praxis heißt das: Merkels Flüchtlingspolitik verteidigen, aber gleichzeitig wie schon in den Wochen vor den Wahlen soziale Themen in die Bundespolitik einzubringen. Gabriel hatte kurz vor dem 13. März die sogenannte Lebensleistungsrente auf die Tagesordnung der Koalition gesetzt, mit der Renten von Niedriglöhnern aufgestockt werden sollen. Genutzt hat es bislang nicht viel.
Gleichzeitig soll die AfD bei sozialpolitischen Fragen entlarvt werden. Die Petry-Partei sei nicht nur gegen die Gleichstellung der Frau und für Atomkraft, sondern auch gegen den Mindestlohn, sagte SPD-Generalsekretärin Katarina Barley am Montag.
Ins selbe Horn tönte Berlins Landeschef Jan Stöß. Ein zweistelliges Ergebnis der AfD bei den Berliner Abgeordnetenhauswahlen im September sei „alles andere als unweigerlich“, sagte er der Berliner Zeitung. Noch vor zwei Wochen gab sich Stöß selbstbewusster. Die Berliner SPD wolle dafür kämpfen, dass die AfD nicht über 5 Prozent komme, verkündete er damals dem RBB. Nach dem Sonntag ist die SPD bescheidener geworden.
Am Ende des Pressetermins im Willy-Brandt-Haus am Montag steht Katrin Budde, SPD-Spitzenkandidatin in Sachsen-Anhalt, verloren auf der Bühne, Gabriels Blümchen in der Hand. Dreyer neben ihr kann wie schon am Wahlabend ihr Glück kaum fassen, Budde schaut wie am Abend zuvor mit bitterer, versteinerter Miene. Der Wahlabend habe gezeigt, dass sich „Haltung, Klarheit, Mut zur politischen Auseinandersetzung lohnen“, hatte Gabriel über den Wahlsieg Malu Dreyers gesagt. Die Niederlage von Nils Schmid erklärt der SPD-Chef damit, dass die Menschen in Baden-Württemberg so viel Angst vor einem CDU-Ministerpräsidenten gehabt hätten, dass sie Kretschmann gewählt hätten. Gabriel hat sich das Wahlergebnis damit so zurechtinterpretiert, dass nicht einmal eine Ausrede für Buddes Niederlage übrig bleibt. Mit Verlierern tut sich die SPD schwer, auch das ist die Botschaft des Wahlabends.
Martin Reeh
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