: Fremd vertraut
Gegensatz Ein Gespräch
Das Fremde ist vertraut, das Vertraute fremd. Die Vorstellung, das Begriffspaar deute einen Gegensatz an, ist weltfremd. Jeder Traum eine Reise ins Fremde. Alles Vertraute wird bei näherer Betrachtung fremd. Nur ein Zehntel des menschlichen Körpers ist tatsächlich menschlich. Der Rest illustriert gesundes Zusammenleben mit Fremden im eigenen Leib.
Es fängt schon damit an, dass das Fremde angeblich von da draußen kommt: extraneus, étranger, stranger. Politisch ist der peregrinus ein Nichtbürger, von den Aliens zu schweigen, die von ganz weit da draußen gelegentlich vorbeischauen.
Altertümliche Schreibweisen fügten ein ploppendes blobbendes b ins Frembde, was dazu beitragen kann, labiale Distanz zu markieren. Schon früh verlockt und vergrämt so das Frembde. Die Anthropologie des Alltags zeigt, dass die Fremden gar nicht so fremd sind. Anders ist das mit frembden Göttern und frembdem Joch. Nicht zu vergessen die Lust, auch die Angstlust, die mit dem Fleisch ins Spiel kommt. Weil uns im Grunde alles fremd ist (oder nichts?), lassen wir uns von Biologie und Psychoanalyse, von Theologie, Politik und Literatur inspirieren. Wohin das führt? Wer weiß! Hans Hütt
Fremd vertraut? Ein taz.lab-Gespräch mit Hans Hütt (Foto) und Cord Riechelmann im HKW.
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