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VERGÜTUNG Kliniken und niedergelassene Ärzte streiten, wer Notfallpatienten behandeln darf

BERLIN taz | Niedergelassene Ärzte und Ärzte an Notfallambulanzen von Krankenhäusern verstehen sich in der Regel so gut wie Scheidungspaare, die sich vor Gericht um die gemeinsame Immobilie (hier die Patienten) streiten: Beide wollen sie behalten und den anderen dabei übers Ohr hauen.

Gerade nähert sich in Berlin die Groteske um die Frage, wann Notfallärzte an Kliniken auch solche Patienten, die ebenso prima ambulant in Praxen behandelt werden könnten, versorgen dürfen, einem neuen Höhepunkt: Die Kassenärztliche Vereinigung Berlin (KV) , das ist die für Honorarfragen zuständige Lobby der niedergelassenen Mediziner, hat sich neue bürokratische Vergütungshürden einfallen lassen, die den Kliniken die ambulante Notfallversorgung so richtig madig machen soll. Rückwirkend zum 1. Februar will die KV den Krankenhäusern solche Notfallbehandlungen, „die Sie während der Sprechstundenzeiten (werktags von 7:00 Uhr bis 19:00 Uhr) erbringen“, nur noch dann erstatten, wenn die Krankenhäuser sie „gesondert und ausführlich begründen“. Das erfuhren die Krankenhäuser von der KV Berlin mit Schreiben vom 26. Januar. Es folgte eine Anweisung zur Codierung, geeignet, dem Arzt Herzrasen zu bescheren. „Wir weisen Sie … darauf hin, dass bei fehlender Begründung … eine Vergütung Ihrer Leistungen … nicht erfolgen kann.“

Die Krankenhausgesellschaft tobt. Denn die Patientenzahlen in den Notfallaufnahmen sind nach Schätzungen der Bundesärztekammer zuletzt um jährlich etwa fünf Prozent gestiegen. Wenn aber die Kliniken nun schon den Job der Niedergelassenen machen, dann müssen die Niedergelassenen den Kliniken dafür auch Geld aus ihrem Säckel geben, hat jüngst der Bundestag per Gesetz beschlossen. „Die Patienten drohen zu Spielbällen im Kampf zwischen Kassenärzten und Krankenhäusern zu werden“, warnt die linke Bundestagsabgeordnete Birgit Wöllert. Heike Haarhoff

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