Plötzlich steuerpflichtig

ALTERSEINKÜNFTEGESETZ Durch die Erhöhung der Altersbezüge müssen viele Rentner erstmalig ihre Steuer erklären. Den meisten bleibt trotzdem mehr Geld als vorher

Auch die Ersparnisse unter der Matratze müssen dem Finanzamt gemeldet werden Foto: Dona/plainpicture

VON Hannes Koch

Es ist eine Veränderung, mit der man nicht unbedingt rechnet. In diesem Jahr werden etwa 70.000 Rentner und Rentnerinnen in Deutschland steuerpflichtig. Sie müssen dann erstmals Steuern zahlen. Ebenso sind sie verpflichtet, Steuererklärungen abzugeben.

Knapp vier Millionen Rentner zahlen schon heute Steuern. Rund 17 Millionen Rentner brauchen das dagegen nicht zu tun, denn ihre Altersbezüge liegen in der Regel unter der Steuergrenze. „Die Zahl derjenigen, die Abgaben entrichten müssen, steigt jedoch“, sagt Manfred Mörs vom Sozialverband VdK. Er nennt zwei Gründe: „Zum einen führen Rentenerhöhungen zu diesem Effekt.“ In diesem Jahr wird der Zuschlag wegen der guten Lohnentwicklung in der Wirtschaft um 5 Prozent liegen. Dadurch wachsen die Renten vieler Bezieher über die Steuerfreigrenze hinaus.

Ein weiterer Grund, so Mörs, besteht darin, „dass der steuerpflichtige Anteil der Renten steigt“. Das ist eine Folge des vor elf Jahren in Kraft getretenen Alterseinkünftsgesetzes der damaligen rot-grünen Regierung. Dadurch werden die Abgaben auf Renten allmählich auf die sogenannte nachgelagerte Besteuerung umgestellt. Praktisch bedeutet das, dass die Beiträge zur Rentenversicherung nach und nach von der Steuer befreit, die Auszahlungen ihr jedoch unterworfen werden.

Beim Bundesfinanzministerium gibt es die Broschüre „Besteuerung von Alterseinkünften“. Infos unter: www.bundesfinanzministerium.de

Die Deutsche Rentenkasse präsentiert auf ihrer Internetseite Infos und Rechenbeispiele, www.deutsche-rentenversicherung.de

Die Lohnsteuerhilfevereine geben Ratschläge unter anderem dazu, ab welchen Summen Steuern auf Renten fällig werden. Lohnsteuerhilfe Berlin-Brandenburg e. V., Fehrbelliner Straße 49, 10119 Berlin, Tel. 030-44340695, www.lhbb.de.

Weitere Infos gibt es beim Bundesverband der Lohnsteuerhilfevereine: www.BDL-online.de

Die Steuerfreigrenze für Rentner liegt im Umkreis von 1.200 Euro brutto pro Monat oder etwa 14.400 Euro pro Jahr. Der genaue Betrag hängt vom Einzelfall, der jeweiligen Einkommenssituation und dem Beginn der Rentenzahlung ab. Wer weniger Altersbezüge erhält, braucht meist keine Steuern zu entrichten. Er oder sie profitiert von dem steuerlichen Grundfreibetrag, der das Existenzminimum schützt. Der beträgt für dieses Jahr 8.652 Euro.

Zum Grundfreibetrag addiert wird der Rentenfreibetrag, der einen Teil der Versorgung im Alter freistellt. Dieser steuerfreie Anteil sinkt aber. Für Beschäftigte, die dieses Jahr aufhören zu arbeiten, beträgt der steuerfreie Teil 28 Prozent, 2017 noch 26 Prozent, 2018 dann 24 Prozent. Wer 2040 erstmals Altersbezüge erhält, muss schließlich die gesamte Rente versteuern.

Für Rentner, die erstmals in die Steuer rutschen, stellt das oftmals eine Überraschung dar. „In der Regel erhalten die Leute unter dem Strich trotzdem mehr Geld als vorher“, sagt Tobias Gerauer vom Lohnsteuerhilfeverein Bayern, der mit dem Sozialverband VdK in Berlin-Brandenburg kooperiert. Das finanzielle Plus infolge der jährlichen Rentenerhöhung fällt höher aus als die Einbuße, die die neue Steuerpflicht bedeutet.

Wird die Steuer auf die Rente erstmals fällig, wird sie nicht automatisch von der Rentenversicherung einbehalten oder vom Finanzamt eingezogen. Die Rentner müssen also selbst tätig werden und eine Steuererklärung beim Finanzamt abgeben. Jens Wetzel, der Vorstandsvorsitzende des Lohnsteuerhilfevereins Berlin-Brandenburg, rät beispielsweise, dass man eine Erklärung einreichen sollte, wenn man als Neurentner des Jahres 2014 einen Betrag von mindestens 1.240 Euro erhält. Für die vorhergehenden Jahre liegen die entsprechenden Beträge höher. Die Steuerpflicht kann, je nach Einzelfall, aber auch schon bei niedrigeren Beträgen einsetzen. Deshalb sollten Rentner sich beraten lassen, wenn sie Altersbezüge bekommen, die über rund 1.000 Euro pro Monat liegen.

Rentner, die mehr als 1.000 Euro monatlich erhalten, sollten sich beraten lasen

Muss man eigentlich Steuern zahlen, gibt aber keine Erklärung ab, passiert erst mal nichts. Nach einiger Zeit dürfte dann allerdings das zuständige Finanzamt aktiv werden, denn die Behörden erhalten automatisch die Daten der Rentenversicherung. Deshalb ist damit zu rechnen, dass die Finanzämter die Empfänger in regelmäßigen Abständen überprüfen. Ergibt sich dann später die Steuerpflicht, während man nicht gezahlt hat, können Nachzahlungen für die vergangenen Jahre plus Zinsen fällig werden. Dabei können schnell einige tausend Euro zusammenkommen, was manche Senioren vor ein finanzielles Problem stellt.

Rentner, die Bezüge im Umkreis der Freigrenze erhalten, sollten im Übrigen nicht nur ihre Rente betrachten, sondern auch eventuelle weitere Einkünfte. Verdienen sie beispielsweise Miete mit einer vermieteten Wohnung oder erwirtschaften sie noch ein Arbeitseinkommen, so werden diese zur Rente hinzugerechnet. Aus der Summe ergibt sich dann die Steuerzahlung. Wer Beratung braucht, kann sich an die Lohnsteuerhilfevereine wenden oder Steuerberater kontaktieren.