: Die kooperative Mutter
Ich habe meinem Exfreund Stefan* das Sorgerecht für Moritz nicht wirklich freiwillig gegeben. Er rastete aus, als ich von meinem neuen Freund schwanger war und mit ihm aus Stuttgart aufs Land zog. Ich hatte ein schlechtes Gewissen, weil ich eine neue Familie gründete – und er hatte doch nur noch Moritz.
Er wollte dann von allem genau die Hälfte, die Hälfte der Zeit, die Hälfte des Kindes. Moritz ging sogar in zwei Kitas. Aber man kann ein Kind nicht teilen wie ein Brötchen. Er wurde in unserem Dorf nicht richtig heimisch, weil er an den Wochenenden nie da war. Er weinte, wenn er sonntags abends wieder kam. Da wir nun aber ein gemeinsames Sorgerecht hatten, war klar: Ich muss das jetzt mit Stefan durchstehen, kann mich nicht davonstehlen. Er hätte sonst einen Krieg entfachen können: Veto bei der Schulwahl, die Ferien torpedieren. In dieser Zeit habe ich mich oft dafür verflucht, dass ich ihm das Sorgerecht gegeben habe.
Jetzt sehe ich das anders. Wir haben mit AnwältInnen eine Besuchsregelung vor Gericht ausgefochten. Dort wurde uns erst mal so richtig klargemacht, dass es nur um Moritz geht. Nicht Stefan oder ich haben ein Anrecht auf das Kind, sondern das Kind hat ein Anrecht auf uns. Der Richter hat dann beschlossen, dass Moritz einen Lebensmittelpunkt braucht. Der lag bei mir. Stefan bekam großzügige Umgangsregelungen, mit denen auch Moritz besser zurechtkam.
Die gemeinsame Sorge war letztlich gut für uns. Ob man das verallgemeinern kann? Paare können mit oder ohne Sorgerecht furchtbare Kämpfe auf dem Rücken ihrer Kinder ausfechten. Also mein Plädoyer: gemeinsame Sorge, aber dann gleich mit Mediator. Sonst wird das nämlich nix.
*Name geändert
PROTOKOLL: HEIDE OESTREICH