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„Ein charismatischer Vogel“

Ökologie Vortrag über den Einfluss von Offshore-Windparks auf Wohl und Wehe der Basstölpel

Foto: privat
Stefan Garthe

49, Meeresbiologe, leitet das zur Uni Kiel gehörige Forschungszentrum Westküste in Büsum

taz:Herr Garthe, was ist an den Helgoländer Basstölpeln so toll?

Stefan Garthe: Erstens ist Helgoland der einzige Ort in Deutschland, wo Basstölpel brüten. Zweitens ist es ein sehr charismatischer Vogel – Flug- und Tauchakrobat in einem. Das kann kein anderer Seevogel. Auch die Nahrungssuche ist speziell: Er fliegt zehn, 20, 30 Meter über dem Wasser, sichtet den Fisch, stürzt sich mit bis zu 60 Stundenkilometern ins Meer und verschluckt die Beute noch unter Wasser.

Wenn er so geschickt ist: Wie können ihm Offshore-Windparks da schaden?

Er kann sich in den Rotorblättern verfangen, sich verletzen oder sterben. Und da Helgoland der weltweit einzige Ort ist, an dem vor einer Basstölpelkolonie bereits Windparks stehen, können wir nur hier deren reale Auswirkungen erforschen.

Was genau erforschen Sie?

Seit November 2014 haben wir insgesamt 18 Basstölpel mit Mini-Sensoren ausgestattet, die Standort, Flughöhe und Tauch-, sprich: Nahrungssuchverhalten übermitteln.

Wie haben Ihre 18 Vögel auf die Windparks reagiert?

16 haben sie umflogen, zwei sind hineingeflogen.

Haben sie das überlebt?

Ja, und nicht nur das: Sie haben dort intensiv nach Nahrung gesucht. Am Fuß der Anlagen siedeln sich nämlich kleine Tiere an, die Beute etwa für Makrelen sind. Die wiederum sind Hauptnahrung der Basstölpel.

Riesige Windparks sind also ein Segen für die Basstölpel?

Schwer zu sagen. Für diejenigen, die die Parks umfliegen, fiele ein immer größeres Areal zur Nahrungssuche weg. Sollten die Vögel aber lernen, verletzungsfrei hineinzufliegen, könnten die Windkraftanlagen wichtige Nahrungsquelle werden.

Beobachten Sie einen solchen Lerneffekt?

Das ist noch unklar. Unser Projekt läuft bis 2017 und wir werden jedes Jahr teils neue, teils „Vorjahres“-Vögel mit Sensoren ausstatten, um das herauszufinden.

Wie viel Einfluss haben Ihre Forschungen auf die Politik?

Wir beforschen das Thema – in Bezug auf andere Tierarten – schon seit Längerem und haben wesentlich dazu beigetragen, dass in Küstennähe, wo die Artenvielfalt am größten ist, fast keine Windparks gebaut wurden. Interview: PETRA SCHELLEN

Vortrag von Stefan Garthe über den Einfluss von Offshore-Windparks auf Helgolands Basstölpel: 19 Uhr, Biozentrum Grindel, Martin-Luther-King-Platz 3

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