LeserInnenbriefe
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Die veröffentlichten Briefe geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.

Traumatisches Geburtserlebnis

betr.: „Gebären: Es ist ein Ziegelstein“, taz vom 24. 12. 15

Danke für diesen mutigen Erfahrungsbericht, Frau Smechowski. Ich bin mir sicher, dass Sie damit nicht nur mir, Mutter zweier schon großer Kinder, sondern auch vielen anderen Frauen aus der Seele gesprochen haben. Beim Lesen ist mir erstmals klargeworden, dass meine eigenen traumatischen Geburtserlebnisse offenbar gar nicht so ungewöhnlich sind. Die Scham, die Hilflosigkeit, das Schweigen, die entsetzlichen, verdrängten Erinnerungen. Ihr Artikel schildert die Wahrheit, für die schwer Worte zu finden sind. Das öffnet die Augen, macht betroffen und wahnsinnig wütend! KAREN KÖSTER-KNOP, Oldenburg

Ist Sex etwas Schlechtes?

betr.: „Kein Squirten mit der Kirche“, taz vom 24. 12. 15

Jeder weiß, dass es frauenfeindliche Pornografie gibt. Daraus aber den Schluss zu ziehen, dass Pornografie generell menschenverachtend sei, ist ein Trugschluss. Pornografie ist die Darstellung von Sex. Warum sollte das schlecht sein? Ist Sex etwas Schlechtes? Eine offene Diskussion, die die Pornos aus ihren Verstecken herausholt, würde die Entwicklung einer lustvollen Pornografie, die niemanden diskriminiert, erleichtern. Gerade die Schmuddelecke, die der Pornografie lange zugewiesen wurde, hat doch dazu geführt, dass so eine Diskussion kaum stattfindet. Die einen verurteilen Pornografie, als ob sie ein Verbrechen wäre. Die anderen holen sich bei geschmackvollen und weniger geschmackvollen Darstellungen einen runter und beteiligen sich nicht an der Diskussion.

Hier öffnet sich auch für die Kirche noch ein weites Feld, wenn sie ihre historische Körper- und Lustfeindlichkeit überwinden will, um den Menschen in allen Lebenslagen eine frohe Botschaft zu vermitteln. HEINZ PETER LEMM, Hamburg

Digitale Nebenwirkungen

betr.: „Kribbeln im Hirn“, taz vom 21. 12. 15

Endlich ein Hinweis auf gesundheitliche Nebenwirkungen der rasanten Digitalisierung. Jedoch zeigt die Ironie des Interviewers seine Unkenntnis. Warum geht die taz nicht endlich einmal bei diesem Thema in die Tiefe und berichtet über die Ergebnisse unabhängiger Studien? Lobbyarbeit scheint es gerade in diesem Wirtschaftsbereich nicht zu geben.

Was ist dran an folgender Info: Die Nerds im Silikon Valley schicken ihre eigenen Kinder in Schulen, die man eher der Reformpädagogik zuordnen möchte, während hier die SchülerInnen zu Versuchskaninchen der Digitalisierung gemacht werden (sollen). Warum wird nicht über Alternativen berichtet wie das „St. Galler Wireless“ und VLC statt Funk? Heide Roaten, Bremen

Prinzip Zeit statt Zeug

betr.: „WLAN: Kribbeln im Hirn“, taz vom 21. 12. 15

Schon etwas zweideutig, euer Titel, lässt er doch technikgläubige Zeitgenossen vermuten, dass im fernen Wolfratshausen ein „einzelner Grüner spinnt“.

In einer einstimmig angenommenen Resolution forderte im Jahr 2011 der Umweltausschuss des Europarats unter anderem: „Sämtliche Handys, DECT-Telefone oder WLAN-Systeme sind in Klassenzimmern und Schulen zu verbieten, wie dies auch von einigen regionalen Behörden, medizinischen Berufsverbänden und Bürgerinitiativen gefordert wird.“

Wenn Eltern sich bewusst gegen die wachsenden Datenmengen wenden, die nicht mehr über Mobilfunkantennen transportiert werden können, tun sie nicht nur etwas für ihren Nachwuchs. Auf Millionen kleine WLAN-Sender in den Häusern „bauen“ dagegen die entsprechenden Anbieter. Bernward Janzing hat in einem taz-Beitrag einmal geschrieben, sich mehr mit dem „Prinzip Zeit statt Zeug“ zu befassen: „Man verschenkt einen Waldspaziergang anstelle eines Parfüms, einen Zoobesuch statt eines Kuscheltiers, einen Kochabend anstelle eines Kochbuches …“ Vor den nächsten Geschenktagen kann man sich zum Beispiel von der Verbraucherschutzorganisation diagnose:funk in Stuttgart informieren lassen, warum „Kinder so wenig wie möglich digitale Medien nutzen sollten“. LOTHAR THIEMANN, Grevenbroich

Die Folgen der Diktatur

betr.: „Tief enttäuschte Großmutter“, taz vom 21. 12. 15

Schicksale wie das beschriebene gibt es in Argentinien viel zu viele. Die Folgen von sieben Jahren Diktatur sind daher im heutigen argentinischen Bewusstsein tief und schmerzlich verankert.

Ich habe den Artikel gelesen und mir wurde dabei wieder einmal bewusst, welch Glück ich und meine Familie hatten.

Wir haben uns in diesem Jahr wieder fast alle an Weihnachten sehen können. Hier in Deutschland. Nachdem mein Vater 1977 gefangen und getötet wurde, mein Bruder mit ihm verschwand und nur durch Zufälle wiedergefunden wurde, meine Mutter mich in einer Kirche in Buenos Aires lassen musste, um über Uruguay und Brasilien in die Schweiz fliehen zu können, unsere Familien in Argentinien uns ein Jahr später in Europa wieder zusammenführen konnten, bin ich heute gezwungen, glücklich darüber zu sein. Ich fühle aber Ohnmacht und Wut über das, was geschah! Fernando Brockhaus,Saarbrücken