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Fantasie-HipHop 110 – Comedian Böhmermann als Rapper

Good Cop, bad Cop. Man kennt diese Extremsituation aus TV-Serien, wenn Kriminaler bei Verhören Verdächtige abwechselnd weichklopfen und anschmeicheln, um an Geständnisse zu kommen.

Der deutsche TV-Comedian Jan Böhmermann hat diesen Begriff in seinem HipHop-­Video „Ich hab Polizei“ nun auf zugkräftige Weise zum guten bösen Cop umdefiniert. In dem Clip, der viral seit seiner Veröffentlichung letzten Freitag durch die Decke geht und die HipHop-Kritik elektrisiert, ahmt Böhmermann Sprachidiome und Bilderwelten von Künstlern wie Haftbefehl nach. „Stehen bleiben, Beine breit, Ausweis dabei?“, reimt Böhmermann als „Polizistensohn“-Alias und trägt Hoodie, dunkle Sonnenbrille und Baseballjacke mit „Cop Life“-Aufdruck. Im Bildhintergrund schwenken seine Homies Schlagstöcke. Zwischendurch wird eine blonde Frau auf einem Polizeimotorrad gevögelt, zu schmerzhaftem Billo-Eurotrash. Es wurde wirklich an alles gedacht, außer an fette Beats.

Böhmermann, Sohn eines Polizisten und Journalist, steigerte seinen Comedy-Marktwert nicht zuletzt als Urheber der „Stinkefinger“-Affäre von Griechenlands Exfinanzminis­ter Varoufakis. Mit „Ich hab ­Polizei“ inszeniert sich Böhmer­mann zum Rapbullen, der die Scheiß-drauf-Haltung von Gangstarap auf die Spitze treibt. Die Stunts des britischen Komikers Sascha Baron Cohen stehen dafür Pate und dessen rappende Kunstfigur Ali G. Wo Cohen das polternde seines migrantischen Fantasie-Rappers ausweidet und mit genialischem Harakiri die Leute zum Narren hält, bleibt Böhmermann leider ein Weißbrot, das sich über Migranten lustig macht. Man muss es aushalten. Im Zeitalter des racial profiling kommt dieser Humor sicher nicht bei allen gut an.

Julian Weber

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