: Raue Sitten gegenüber Einwanderern
Die Asyl- und Abschiebepolitik der niederländischen Regierung wurde in den letzten Jahren vehement verschärft
BRÜSSEL taz ■ 26.000 Asylbewerber müssen nach dem Willen der niederländischen Regierung bis 2007 in ihre Herkunftsländer zurück. Die in den Flammen von Schiphol verbrannten elf Flüchtlinge gehören vermutlich zu dieser Gruppe. Denn die in Schiphol Festgehaltenen – vorwiegend aus Afghanistan, Somalia und Ländern der ehemaligen Sowjetunion – warten nur noch auf den Rückkehrtermin.
In den Niederlanden, dem Land, das einst als Vorbild für Toleranz und Integration galt, herrschen schon seit einigen Jahren raue Sitten, wenn es um Einwanderung geht. Der rechtspopulistische Politiker Pim Fortuyn hatte 2002 großen Erfolg mit seiner Forderung nach einem Immigrationsstopp. Nach dem Mord an Fortuyn kurz vor den Wahlen blieb die Regierung auf hartem Kurs. Der Mord an dem islamkritischen Filmemacher Theo van Gogh Anfang November vergangenen Jahres goss nochmals Wasser auf die Mühlen der Einwanderungsgegner. Van Gogh war von einem Niederländer marokkanischer Herkunft erstochen worden.
„Die niederländische Regierung hat die Asylpolitik in den vergangen Jahren vehement verschärft. Deshalb ist auch die Anzahl der Bewerber viel stärker gesunken als in anderen europäischen Ländern“, sagt Diderick Kramers vom Europa-Büro des UNO-Flüchtlingsrats. Haben vor fünf Jahren noch rund 44.000 Menschen um Asyl in den Niederlanden gebeten, waren es im vergangenen Jahr weniger als 10.000.
Dafür ist die Zahl der illegalen Einwanderer gestiegen. Nach Ansicht der Rotterdamer Hilfsorganisation zur Unterstützung von illegalen Einwanderern sind es zurzeit rund 200.000 jährlich. „Sie haben Angst, abgelehnt zu werden, und kommen lieber gleich ohne Papiere“, sagt Theo Miltenburg von der Hilfsorganisation.
Niederländische Behörden können Asylanträge innerhalb von 48 Arbeitsstunden ablehnen. „Natürlich gibt es auch in den Niederlanden berechtigte Gründe, einen Asylantrag abzulehnen. Aber diese schnelle Prozedur berücksichtigt nur selten das persönliche Schicksal der Betroffenen“, sagte eine Sprecherin von Human Rights Watch gestern.
CLARA ROSENBACH