piwik no script img

nachrufDer Künstler mit Schablone

Im Alter von 92 Jahren verstorben: Ellsworth Kelly Foto: dpa

Gerade erinnert sich die künstlerisch interessierte Welt an das Fanal des Abstract Expressionism, weil Jackson Pollocks „Mural“ von 1943 international reist, da stirbt hochbetagt der Künstler, der dem Durcheinander von Farben und Formen ein Ende setzte: Ellsworth Kelly. Als er 1954 aus Paris nach New York zurückkehrte, arbeitete er mit Lineal und Schablone, und keine seiner kräftigen, reinen Farben wie Rot, Gelb oder Blau gingen in die andere über.

Das war provokativ und neu, aber zunächst nicht sonderlich erfolgreich – bis er fünf Jahre später zu den „Sixteen Americans“ des Museum of Modern Art gehörte. Mit diese Gruppenschau erlangte er ersten Ruhm, und seine abstrakte Malerei wurde künftig dem Hard Edge zugerechnet. Wie andere Künstler dieser Stilrichtung hinterließ er bewusst keine individuellen Pinselspuren und im Regelfall arbeitete er auch mit kaum mehr als zwei oder drei verschiedene Farben.

Ellsworth Kelly wurde 1923 in Newburgh nördlich von New York geboren. 1941 nahm er ein Kunststudium am Pratt Institute in Brooklyn auf. Zwei Jahre später erreichte auch ihn der Zweite Weltkrieg, den er in Frankreich, unter anderem bei der Schlacht um die Bretagne, durchlebte. Ab 1948 studierte Kelly an der École nationale supérieure des beaux- arts in Paris.

Diese Pariser Zeit wurde für ihn prägend. Hier machte er die Bekanntschaft mit Joan Miró, Hans Arp oder Alexander Calder, und hier entwickelte er seinen ganz eigenen Malstil. Zunächst in Form schwarzweißer Paneele, die vorbestimmten Systemen und geometrischen Berechnungen folgten, später kamen dann Farbe und die Form des Quadrats dazu.

Zeitgleich mit der MoMA-Schau begann er, freistehende Skulpturen aus Holz zu schaffen, die später, nun aus Metall, immer mehr zu Totempfählen mutierten. Einer davon steht seit 2008 in Berlin im Innenhof der US-Botschaft. Kelly nahm mehrmals an der Documenta in Kassel teil, er war auf der Biennale von Venedig vertreten, schon 1973 widmete das Museum of Modern Art ihm seine erste Retrospektive. Am Sonntag ist Ellsworth Kelly im Alter von 92 Jahren in Spencerton nahe New York gestorben.

Brigitte Werneburg

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen