: Bunt wie eine Patchworkdecke
HANDGEMACHT Von Nähen über Kerzengießen und Perlenkunst bis Goldschmieden und Upcycling: Workshops zum kreativen Selbermachen gibt es in Berlin unzählige
KnitKnit Berlin, Linienstr. 154, knitknit.de
Drucksalon, Brunnenstr. 73, drucksalon.blogspot.de
Perlerei Berlin, Lenbachstr. 7, www.perlerei.de
Kerzenwerkstatt Ess brennt, Kreuzbergstr. 76, www.ess-brennt.de
DaWanda Snuggery, Windscheidstr. 19, dawanda.com/s/Snuggery
Kunst-Stoffe (wiederverwendbare Materialien), Berliner Str. 17, kunst-stoffe-berlin.de
von HEIDE REINHÄCKEL
„Handmade with love“ steht auf dem kleinen Stempel im großen Sortiment von Modulor. In dem bekannten Geschäft für Architektur- und Künstlerbedarf im Aufbauhaus reihen sich daneben weitere Motivstempel mit Schneeflocken, Rentieren und Tannenbäumen Seite an Seite mit Stempelkissen mit grellen Neonfarben. Engelflügel aus Karton schweben über Schneekugeln zum Selbermachen. Das Stempelmotto wird bald viele Geschenkanhänger zieren und stolz von der kreativen Jahresendleistung zum Fest künden.
Denn bereits seit einigen Jahren ist Selbermachen das neue Schenken. Gestricktes, Gehäkeltes, Geklebtes, Gefaltetes, Gedrucktes oder Genähtes ist längst nobilitiert, und die DIY-Szene bunt und ausdifferenziert wie eine Patchworkdecke. Und professionalisiert mit Magazinen wie Handmadekultur, Cut, Makemake oder Eigenwerk. Wer jedoch nicht nur in Magazinen blättern will oder wem die zahlreichen Videotutorials im Netz nicht ausreichen, findet Unterstützung und Anleitung in Kursen und Workshops. Von Nähen über Kerzengießen, Perlenkunst, Goldschmieden bis Upcycling ist in Berlin vieles in Kursformat zu finden.
Zum Beispiel bei Nina Schweisgut von KnitKnit Berlin. Sie bringt in ihrer Wollboutique an einem langen Holztisch Anfängern in lockerer Atmosphäre das Stricken bei. „Wir setzten auf einfache Anleitungen, tolle Farben und Naturgarne“, erzählt die gelernte Grafikdesignerin, die seit ihrer Kindheit strickt und in ihrem zweiten Berufsleben alles auf die Maschen setzt. „Bei uns kann man das Stricken von der Pike auf lernen und schnell Erfolge sehen“. Schweisgut designt daneben Stricksets mit Anleitung für ihren Onlineshop, hat ein Strickbuch geschrieben und Strickvideos für die Online-Handarbeitsschule Makerist gedreht. In Ihren Kursen in der Linienstraße finden sich 20- bis 50-Jährige, die eine kreative Auszeit vom Berufsstress suchen. Ein Strickkurs wird sogar ausschließlich für Männer angeboten, die sonst nicht als besonders strickaffin gelten.
Rund zwei Kilometer entfernt in einem Ladengeschäft in einem 70er-Jahre-Architektur-Ensemble an der Berliner Brunnenstraße steht dagegen alles im Zeichen des Siebdrucks. Im Drucksalon können Anfänger und Fortgeschrittene bei der Designerin Nadja Girod lernen, wie man T-Shirts, Tragebeutel oder Papier bedruckt. „Das schöne am Siebdruck ist, dass man mit einem Motiv eine ganze Serie erstellen kann und damit schon die Weihnachtsgeschenke für die ganze Familie fertig hat“, erklärt Girod das Besondere der Drucktechnik.
Wer statt auf serielle Geschenke lieber auf Schmuck setzt, kann die Perlerei im Friedrichshain besuchen. In der offenen Perlenwerkstatt kann man unter professioneller Aufsicht Schmuckstücke anfertigen und sich im Perlensortiment für Ketten, Armbänder, Ohrringe oder Fingerringe inspirieren lassen, um an Ende ein Unikat mit nach Hause zu nehmen. Das Prinzip der offenen Werkstatt gilt auch in der Kerzenwerkstatt „Ess brennt“ in Kreuzberg. Hier kann man von Dienstag bis Samstag ohne Voranmeldung Kerzen ziehen und dekorieren.
Auch der große Player in der DIY-Szene, DaWanda, setzt auf Workshops. Der Internetmarktplatz für Selbstgemachtes eröffnete letztes Jahr einen ersten Offlineshop in Berlin-Charlottenburg. In dem Snuggery genannten Concept-Store finden jeden Donnerstag kostenlose Workshops statt, in denen es sich alles ums Nähen, Stricken, Häkeln, Siebdruck, Zeichnen oder Schmuck dreht.
Wer der gängigen DaWanda-Ästhetik etwas Sperrigeres und Eigensinnigeres entgegensetzten will und dabei noch auf Nachhaltigkeit setzt, der findet in Berlin dafür auch Anlaufstellen. Wie zum Beispiel Kunst-Stoffe-Berlin, Zentralstelle für wiederverwendbare Materialien e. V, in Pankow. Im dortigen Materiallager kann man günstig Reste erwerben wie Holz, Papier oder Stoffe oder Artikel des Künstlerbedarfs. Der Verein setzt sich für die Wiederverwendung von Gebrauchsmaterialien ein und will Umwelterziehung und Kreativität gleichermaßen fördern. Auch ein Repaircafé und offene Werkstätten gehören zum Angebot. Die dazu passende Online-Lektüre gibt es auf www.magazin-restkultur.de.
Wer nicht gleich nach Pankow fahren will, flaniert vielleicht noch bei Modulor am Moritzplatz und entwirft sich aus Packpapierkuverts, knalligem Masking Tape, kratzigen Jutesäckchen, und farbigen Glitzergarn einen eigenen Adventskalender für 24-DIY-Überraschungen mit oder ohne Workshop.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen