portrait: Der totgesagte Dschihadist
Eine verstörend friedliche Szene: Denis Cuspert, Deutschlands bekanntester Dschihadist, sitzt auf einer Parkbank, unter der Tarnjacke trägt er ein weißes Hemd. Im Hintergrund grast ein Schimmel. Cuspert redet auf Deutsch über einen deutschen Selbstmordattentäter, acht Minuten lang. Doch die Nachricht des Propagandavideos, das am Mittwoch vom IS veröffentlicht wurde, ist nicht der Anschlag des Kämpfers, der aus Solingen stammen soll. Es geht um Cuspert selbst.
Vor gut einem Monat hatte das Pentagon seinen Tod verkündet. Der 40-Jährige stand auf der Terrorliste der USA. Er sei, so hieß es, am 16. Oktober bei einem Luftangriff in der Nähe des syrischen Rakka ums Leben gekommen. Schon damals gab es Zweifel, ob das stimmt. Es wäre nicht das erste Mal, dass Cuspert für tot erklärt wird – um dann plötzlich mit einem brutalen Propagandavideo wieder aufzutauchen, das neue Kämpfer in den Dschihad locken soll.
Cuspert, Sohn einer Deutschen und eines Ghaners, ist vor allem in Berlin-Kreuzberg aufgewachsen – wie viele Dschihadisten in einer zerrissenen Familie. Diebstahl, Gewalt und Drogen brachten ihn als Jugendlichen in den Knast. Er wird Gangsta-Rapper, nennt sich jetzt Deso Dogg, Deso soll für „Devil’s Son“ stehen. In jeder Lebensphase wird sich Cuspert einen neuen Namen geben: Abou Maleeq, als er nach einem schweren Autounfall 2007 zum Salafisten wird und vom Rap auf Naschid-Gesänge umsteigt, Abu Talha al-Almani als Propangandist des Dschihad.
Cuspert hat die militante Kameradschaft „Millatu Ibrahim“ in Solingen mitgegründet. Als der Innenminister sie im Mai 2012 verbietet, setzt er sich nach Kairo ab. Über Libyen landet er in Syrien beim IS und wird zum deutschen Gesicht des Dschihad. Seit er im September 2013 am Kopf schwer verletzt wird, gibt es immer wieder Spekulationen über seinen Tod. Derzeit untersuchen die Sicherheitsbehörden, ob das neue Video vor dem 16. Oktober entstanden ist.
Cuspert, sollte er noch leben, dürfte das gefallen. Als IS-Propagandist hat er erreicht, was er als 14-Jähriger einer Berliner Jugendrichterin als Lebensziel beschrieben haben soll: „Ich möchte einmal berühmt werden, egal wie.“ Sabine am Orde
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