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Zwei alte Masken

ETHNOLOGIE Die Fernsehdoku „Die Indianer kommen“: zur Zukunft des Humboldt-Forums

Als im Juni Richtfest gefeiert wurde im Humboldt-Forum, MinisterInnen und MuseumsdirektorInnen der Staatskapelle unter Daniel Barenboim lauschten, war auch Carola Wedel dabei. Sie ist Journalistin und Filmautorin, die die Geschichte der Museumsinsel seit 2001 begleitet. Sie filmte die Honoratioren innen und die Aktivisten vor dem Gebäude, die dem Ethnologischen Museum vorwerfen, vor allem dank kolonialer Machtverhältnisse zu ihren Schätzen gekommen zu sein. Wedels Film „Die Indianer kommen“ gilt den Sammlungen indigener Kulturen, die aus den Museen in Dahlem ans Humboldt-Forum ziehen werden, und der Frage, was wird anders im Humboldt-Forum.

Berlin ist der ein Schauplatz ihres Films, der andere liegt weit weg, in den Bergen von Kolumbien, in einem Dorf der Kogi. Dieses indigene Volk lebte lange zurückgezogen. Konrad Theodor Preuss, in den 20er Jahren Direktor des Völkerkundemuseums in Berlin, gehörte zu den ersten Ethnologen, der lange in Kolumbien forschte und dort auch heute deswegen geschätzt wird. Er erwarb auch zwei sehr alte Masken, die in den Ritualen der Kogi eine wichtige Rolle spielen und die sie gern zurückhätten.

Fünf Tage war das Filmteam in dem Dorf – wenig Zeit, um in eine Welt voller Rituale einzutauchen. Am Anfang sieht man eine Versammlung von Mammas, der spirituellen Führer, die das Filmteam empfängt und entscheidet, sie zu einem heiligen Ort mitzunehmen, an dem Jugendliche in das besondere Wissen über die Kommunikation mit der Natur eingeweiht werden. Alle Bilder zeugen von Vorsicht und Respekt, aber auch von Fremdheit.

Dennoch lässt dieser kurze Filmtrip nach Kolumbien sehr viel von den Fragen ahnen, die sich den Ethnologen und Kuratoren heute stellen. Kann man rituelle Objekte oder Dinge, die für ein geistiges Wesen stehen, einfach in eine Vitrine stellen? Kuratoren experimentieren, wie thematisiert man, was man nicht zeigen kann. Hilft es, Objekte zu verhüllen? Der Film springt dabei in die Dahlemer Museen und die Entwicklung neuer Ausstellungsmodule.

Vorgestellt wird etwa auch das Programm „Wissen teilen – Sharing Knowledge“. Seit 2014 arbeitet das Ethnologische Museum an einer interaktiven Webplattform mit der Universidad Nacional Experimental Indigena del Tauca in Venezuela. Diese Universität verdankt sich dem starken Wunsch, sich einer verdrängten und zerstörten Geschichte der eigenen Herkunft wieder zu bemächtigen. Dass oft die Objekte, Zeugnis der alten Kultur, noch im Depot eines Museums in Europa existieren, sich im eigenen Land aber kaum mehr finden lassen, ist ja oft die Folge der Kolonialzeit und der späteren Entwicklungen.

Auf die Rolle des Bewahrens verstehen sich die Museen gut - das ist ihre Tradition. Dass sie sich gegenüber dem Dialog mit den Herkunftsgesellschaften öffnen wollen, vermittelt Wedels Film glaubhaft. Dass diese Öffnung ein hürdenreicher Weg ist, auch.

Katrin Bettina Müller

Läuft am 7. 12., 22.25 Uhr 3sat; 13. 12., 0.20 Uhr ZDF; 27. 12., 9 Uhr ZDFinfo

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