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Ab jetzt wieder irdische Gegner

Fussball Gar nicht schlecht: So wenige Treffer wie Hertha BSC kassierte zuletzt kaum ein Team von den Bayern. Eine Abwehr aus Beton brachte den Berlinern ein ehrenhaftes 0:2

von Elisabeth Schlammerl

Es gab einen Moment an diesem Nachmittag, da hätte Pál Dárdai fast seine gute Kinderstube vergessen. Nicht während der 90 Minuten gegen den FC Bayern München, obwohl es da auch Szenen gab, die dem Hertha-Trainer missfielen, sondern eine halbe Stunde nach Abpfiff. Dárdai hatte gerade versucht, die 0:2-Niederlage zu analysieren und dabei ganz aufgeräumt gewirkt. „Ich bin nicht enttäuscht“, sagte er, „die Bayern haben alles dominiert. Sie sind insgesamt zwei Klassen besser.“ In Rage brachte ihn eine Wortmeldung: Die Spielweise der Berliner habe nicht den Eindruck erweckt, dass man sich überhaupt etwas ausrechne in München. „Wie soll ich denn gegen die Bayern mit ihrer Schnelligkeit spielen lassen? Ich bin immer offen für neue Ideen“, entgegnete Dárdai sarkastisch. „Aber wenn Sie meinen, wir sollen offensiv spielen und acht Tore bekommen, dann haben Sie viel Ahnung.“

Er hätte hinzufügen können, dass sich seine Mannschaft besser schlug als die anderen Teams, die – wenngleich mit großem Abstand – zu den ersten Verfolgern des einsamen Tabellenführers gehören. Dortmund und Wolfsburg kassierten fünf Tore, mit so wenigen Gegentreffern wie Hertha reiste in dieser Saison nur der FC Augsburg aus München ab. Dass beim FC Bayern gleich acht Spieler fehlten, darunter mit Douglas Costa, Arjen Robben und dem Dauerverletzten Franck Ribéry drei der vier Individualkünstler, die Trainer Pep Guardiola für unverzichtbar hält, um eine Betonabwehr zu knacken, ist nur eine Randbemerkung wert. „Wir brauchen uns für nichts zu schämen“, fand Dárdai.

Gestiegene Erwartungen

Die Erwartungen in Berlin sind nach dem guten Saisonstart gestiegen. Sieben Siege fuhr der Verein bisher ein, aus dem Abstiegskandidaten Hertha der vergangenen Saison ist ein Europa-League- oder gar Champions-League-Aspirant geworden. Im Moment – denn Dárdai weiß ebenso wie seine Spieler, dass die Mannschaft noch nicht so weit ist, wie es der aktuelle Tabellenplatz, vor der Partie in München war es der Vierte, suggeriert. „Wir wissen genau, wo wir stehen“, gab Torhüter Rune Jarstein zu. Dárdai sieht Hertha „mit unserer Spielkultur am oberen Limit“.

„Wir brauchen uns für nichts zu schämen“

Hertha-Trainer Pál Dárdai

Der arg defensive Auftritt beim Spitzenreiter bedeutet für den Trainer jedoch keinen Rückschritt, er sieht ihn als Teil der neuen Berliner Flexibilität. „Aus solchen Spielen lernen wir.“ Er hat seiner Mannschaft ein neues System verpasst, abgestimmt auf die Bayern, das Einzige, das halbwegs aussichtsreich scheint, eine hohe Niederlage zu verhindern. „Es war unser Plan, so eine Art Abwehr-Pressing auszuüben. Dieses 5-4-1 hat sehr gut ausgesehen.“ Tatsächlich konnte der FC Bayern zunächst kaum Torchancen kreieren, und es bedurfte einer Ecke nach einer guten halben Stunde, um die Berliner Abwehr zum ersten Mal zu überwinden, weil die Zuordnung nicht stimmte, Thomas Müller, frei zum Kopfball, kam und mit seinem 13. Treffer seine bisherige Saisonbestmarke egalisierte. Wieder einmal kassierte Hertha nach einer Standardsituation ein Tor, „unsere Krankheit“, gibt Dárdai zu. Danach ließen sich die Berliner immer weiter zurückdrängen, verloren den Zugriff im Mittelfeld und mussten noch vor der Pause das 0:2 durch Kingsley Coman hinnehmen. Die zweite Hälfte war dann der zuletzt bei Bayern-Spielen gewohnte Langweiler, weil die Münchner die Kräfte schonen.

Das in dieser Saison erarbeitete Selbstbewusstsein bekam durch die Niederlage in München keine Kratzer, ist sich Dárdai sicher. „Sie wirft uns nicht aus der Bahn“, sagt der Trainer. „Für uns zählt das nächste Heimspiel.“ Gegen Bayer Leverkusen „können wir wieder unser gewohntes System spielen“ – das für die irdischen Gegner.

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