Syrien-Konferenz in Wien: Ein Fahrplan für die Zukunft

Die Dringlichkeit für die Suche nach einer politischen Lösung in Syrien nimmt zu. Viele Punkte bleiben offen, darunter auch die Zukunft von Assad.

John Kerry, Staffan de Mistura und Sergei Lavrov geben eine Pressekonferenz

Die Anschläge von Paris hätten die Entschlossenheit verstärkt, in Syrien voranzukommen, heisst es auf der Konferenz. Foto: dpa

GENF taz | Unter dem Eindruck der Terroranschläge von Paris haben sich die USA, Russland, Iran, Saudi-Arabien und 13 weitere Staaten am Wochenende in Wien schneller als erwartet auf einen Fahrplan für die Beendigung des Bürgerkrieges in Syrien und einen politischen Neuanfang geeinigt. Wesentliche Detailfragen sind allerdings nach wie vor ungeklärt.

Laut dem Fahrplan sollen Vertreter der Regierung von Baschar al-Assad und diversen Oppositionsgruppen bis Ende des Jahres eine Verhandlungskommission bilden und spätestens am 1. Januar zu einer ersten Verhandlungsrunde zusammenkommen. Binnen sechs Monaten soll dann in Damaskus eine mit Vertretern beider Seiten besetzte „glaubwürdige, integrative und nicht sektiererische Übergangsregierung“ installiert werden. Ihre wichtigste Aufgabe wäre, innerhalb weiterer maximal zwölf Monate eine neue Verfassung für Syrien auszuarbeiten. Nach Annahme der Verfassung durch eine Volksabstimmung sollen dann – laut vereinbartem Fahrplan also Mitte 2017 – Präsidentschafts- und Parlamentswahlen stattfinden.

Als Koordinator für die Umsetzung des Fahrplans wurde der UNO-Vermittler Staffan de Mistura bestimmt, der in den kommenden Wochen in Vorgespräche mit den innersyrischen Konfliktparteien die Voraussetzungen für den Beginn von Verhandlungen ab 1. Januar schaffen soll. Wesentliche Voraussetzung für diesen politischen Prozess ist laut Fahrplan ein „landesweiter Waffenstillstand“ in Syrien.

Unter Verweis auf die Terroranschläge von Paris betonten die Konferenzteilnehmer in ihrem Abschlusskommuniqué zudem die „Notwendigkeit“, die Extremistenmiliz „Islamischer Staat“ militärisch zu besiegen. „Die Auswirkungen dieses Krieges fließen in alle unsere Länder“, erklärte US-Außenminister John Kerry. „Es ist Zeit, das Blutvergießen in Syrien zu stoppen.“ Laut Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier erscheint „ein Waffenstillstand vorerst zwar utopisch“. Die Anschläge von Paris hätten aber die Entschlossenheit verstärkt, in Syrien voranzukommen.

Der „landesweite Waffenstillstand“

Umstritten ist auch, welche Konfliktbeteiligte außer dem IS als Terroristen eingestuft und von dem Verhandlungsprozess ausgeschlossen werden sollen und welche Oppositionsgruppen ab 1. Januar am Verhandlungstisch mit der Regierung sitzen sollen. Präsident Assad, der sämtliche gegnerischen Konfliktakteure pauschal als „Terroristen“ brandmarkt, steht mit dieser Haltung zwar isoliert da. Aber auch Russland und Iran wollen die Nusra-Front, den syrischen Al-Qaida-Ableger, sowie weitere islamistische Milizen auf den Terrorindex setzen. Diese Milizen werden von Saudi-Arabien, Katar, der Türkei sowie zum Teil auch von den USA als Verbündete betrachtet, die an den Verhandlungen zu beteiligen seien.

Der „landesweite Waffenstillstand“ soll laut US-Außenminister Kerry nicht für den IS gelten, der weiter militärisch bekämpft werden soll. Dieselbe Position vertrat auch Russlands Außenminister Sergei Lawrow auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Kerry. Wie ein „landesweiter Waffenstillstand“ möglich ist bei fortgesetzten militärischen Angriffen auf eine Konfliktpartei, die rund die Hälfte des Landes kontrolliert, konnten die beiden Außenminister nicht erklären.

Über die künftige Rolle Assads schweigt sich der vereinbarte Fahrplan aus. In dieser Frage gebe es immer noch Meinungsunterschiede, erklärte Kerry auf der Pressekonferenz mit Lawrow. Umstritten ist, ob und in welcher Rolle der Präsident an den Verhandlungen mit der Opposition und der Übergangsregierung teilnimmt. Hinter den Kulissen gibt es allerdings eine informelle Verständigung zwischen Washington, Moskau, Riad und Teheran, dass Assad bei der geplanten Präsidentschaftswahl Mitte 2017 nicht mehr antreten darf. Zu einer entsprechenden Verzichtserklärung ist Assad allerdings bislang nicht bereit.

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