piwik no script img

Opposition in AserbaidschanAus dem Knast in den Hausarrest

Der Menschenrechtler Arif Junus darf das Gefängnis verlassen. Grund ist sein schlechter Gesundheitszustand. Seine kranke Frau bleibt inhaftiert.

Wieder zu Hause: Arif Junus in seiner Wohnung. Foto: ap

Berlin taz | Der aserbaidschanische Historiker und Menschenrechtsaktivist Arif Junus muss nicht länger im Gefängnis schmachten. Am Donnerstag entschied ein Gericht in der Hauptstadt Baku, dass Junus zwecks der weiteren Verbüßung seiner Haftstrafe unter Hausarrest zu stellen sei und gab damit einem entsprechenden Antrag von dessen Anwälten statt. Diese hatten auf der Grundlage mehrerer medizinischer Gutachten wiederholt auf den schlechten Gesundheitszustand des 60jährigen hingewiesen.

Junus und sein Frau Leila waren im vergangenen August wegen Betruges und Steuerhinterziehung zu sieben bzw. achteinhalb Jahren Haft verurteilt worden. Zahlreiche internationale Organisationen hatten den Prozess als „rein politisch motiviert“ kritisiert. Derartige Justiz-Farcen, zumal wenn Regierungskritiker vor Gericht stehen, haben im Land des autoritären Staatspräsidenten Ilham Alijew Methode. Angaben von Menschenrechtsorganisationen zufolge sind in Aserbaidschan derzeit rund 80 Personen aus politischen Gründen inhaftiert.

Festgenommen worden war das Ehepaar Junus bereits im Juli 2014 unter dem Vorwurf von Wirtschaftsverbrechen sowie angeblicher Spionage für das verfeindete Nachbarland Armenien. Dieses Verfahren wegen Hochverrats ist übrigens immer noch anhängig.

Das Engagement von Leila und Arif Junus in Sachen Menschenrechte reicht lange zurück. Die 59Jährige Leila, die die französische Tageszeitung Le Monde als „eine der letzten Dissidentenstimmen Aserbaidschans“ bezeichnete, war bereits zu Sowjetzeiten in der Kaukasusrepublik aktiv.

Vermittlerin im Krieg

Im Jahr 1988 war sie Mitbegründerin der Nationalen Bewegung für Unabhängigkeit, der Volksfront von Aserbaidschan, die sich für die Unabhängigkeit Aserbaidschans einsetzte. Vom Jahr des Zusammenbruchs der Sowjetunion 1991 bis 1995 war sie Chefin der Unabhängigen Demokratischen Partei Aserbaidschans. Während des Krieges zwischen Armenien und Aserbaidschan um die Region Berg-Karabach (1992-1994) versuchte Leila Junus zwischen den beiden Staaten zu vermitteln.

Im Jahr 1994 gründete sie in Baku das Institut für Frieden und Demokratie (IPD), das sie bis heute leitet. Neben der Aussöhnung mit Armenien engagiert sich das Institut für Frauen, die Opfer häuslicher Gewalt oder von Menschenhandel geworden sind, sowie für die Rechte politischer Gefangener. 2011 wurde das Büro des Instituts in Baku auf Anordnung der Behörden von Bulldozern niedergewalzt und das gesamte Archiv zerstört.

Anders als ihr Mann muss Leila weiter im Gefängnis bleiben. Aber auch ihr geht es gesundheitlich sehr schlecht. Nach Angaben von Arif leidet sie an Hepatitis C, Diabetes und Nierensteinen.“Wenn sie sie in das Frauengefängnis verlegen“, sagte Arif kurz nach seiner Freilassung, „dann wird sie das umbringen.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • So,the court took into account the of Mr.Yunus's state of health, which is good