Portrait: Der Anti-Hoffenheimer
Klaus Filbrys Ergebnis aus drei Jahren Geschäftsführung bei Werder Bremen lautet: 37,5 Millionen Euro Miese. Trotzdem erntete der 48-Jährige auf der Mitgliederversammlung am Montagabend Applaus. Der De-facto-Werder-Boss stellte dank des jahrelangen Konsolidierungskurses für das laufende Geschäftsjahr erstmals schwarze Zahlen in Aussicht. Zudem fiel das neue Minus aus der Saison 2014/15 mit „nur“ 5,9 Millionen Euro geringer als erwartet aus.
Den Beifall der Mitglieder bekam er aber für die Seitenhiebe in Richtung der betuchten Konkurrenz: „Der Klub wird auch künftig keine Abhängigkeit von einem Finanzinvestor eingehen oder zu einem Vitamin-B-Verein werden wie Wolfsburg, Leverkusen oder Hoffenheim.“ Man werde sich nicht „wie Hoffenheim einem starken Mann unterwerfen, der nicht immer gute Entscheidungen trifft und Kontinuität nicht immer so groß schreibt“. Bei den Mitgliedern zog das Feindbild der fremdbestimmten Retortenklubs. Mehr als Schuldenfreiheit und Unabhängigkeit gab es in den vergangenen Spielzeiten bei Werder auch nicht zu bejubeln.
Dem Sportökonomen Filbry kann man dabei das Bilanzminus der vergangenen Geschäftsjahre nicht zum Vorwurf machen. Es handelt sich dabei um Altlasten aus der Allofs-Schaaf-Ära, die aus dem 2011 vollendeten Stadionausbau bei gleichzeitigem Ausbleiben des sportlichen Erfolges resultieren.
Auch am vergangenen Montagabend betete Filbry wieder das Mantra des Werder-Weges herunter. Damit meint der gebürtige Münsteraner einen schuldenfreien Sparkurs, der sich an hanseatischer Wirtschaftsvernunft orientiert. Er oszilliert dabei rhetorisch zwischen Werbetexter für Bausparverträge und Staatsfrau: „Wir gehen weiter unseren Weg. Den Werder-Weg“, „Wir schaffen das!“
Dazu gehört, dass die Mitgliederversammlung jetzt lebenslängliche Mitgliedschaften beschlossen hat – für 1.899 Euro, das Gründungsjahr des Vereins.
Filbry ist seit 2010 dabei. Davor hatte er über 15 Jahre lang bei Adidas gearbeitet und in den USA und Großbritannien BWL studiert. Fußball gespielt hat er auch und es als Amateur bis zum damaligen englischen Drittligisten Wigan Athletic geschafft. Gareth Joswig
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