Die Kritik: Safer Scrollen
WAS SAGT UNS DAS? In Großbritannien steigen die Neuinfektionen mit Geschlechtskrankheiten. Schuld sollen Dating-Apps sein
Eine gute Idee ist das schon, nur aus den falschen Gründen: Die britische Association for Sexual Health and HIV will, dass Dating-Apps stärker für Safer Sex werben. Der Verband befürchtet einen Zusammenhang zwischen dem Erfolg von Tinder & Co und steigenden Raten bei sexuell übertragbaren Krankheiten. In Großbritannien sind die Syphilisdiagnosen in den letzten fünf Jahren um ein Drittel gestiegen, während die Zahl der NutzerInnen von Dating Apps explodierte.
Dass über Dating-Apps für verantwortungsvolles Verhalten beim Sex geworben wird, ist sinnvoll (bei der Männer-App Grindr wird das übrigens schon längst getan). Weil nämlich genau die Richtigen erreicht werden. Es ist schwieriger, das Kondom auf dem Nachttisch liegen zu lassen, wenn es gerade noch auf dem Handy gebimmelt hat: „Sei kein Dummi …“. Dass aber mobiles Dating pauschal für steigende Infektionsraten verantwortlich gemacht wird, ist billig.
Es zeigt vor allem, dass sich am Misstrauen gegenüber Promiskuität nichts geändert hat. Außerdem ist nicht geklärt, ob App-NutzerInnen tatsächlich mehr Sex mit wechselnden PartnerInnen haben – oder ob sie bloß mehr Zeit mit ihrem Smartphone verbringen.
Peter Weissenburger
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