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Die Angst des Kreml vor Terror

RUSSLAND Moskau und Kairo wollen in Sicherheitsfragen enger kooperieren. Die Risiken der Militärintervention in Syrien wurden gegenüber der Öffentlichkeit verschwiegen

Aus Moskau Klaus-Helge Donath

Kremlchef Wladimir Putin und sein ägyptischer Amtskollege Abdelfatah al-Sisi haben sich am späten Freitagabend in einem Telefongespräch darauf ver­ständigt, ihre Zusammenarbeit zu verstärken. Ziel sei es, die Sicherheit russischer Tou­risten und russischer Flugzeuge zu gewährleisten, teilte der Kreml Samstag mit. Das klang bereits nach einem Eingeständnis Moskaus, dass der vor einer ­Woche über dem Sinai abgestürzte Airbus 321 einem Anschlag zum Opfer gefallen sein muss.

Am Freitagnachmittag hatte auch Russland ein Verbot für Flüge nach Ägypten verhängt. Das kam überraschend, denn Moskau hatte die Version eines Anschlags unbeirrt als Spekulation zurückgewiesen. Erst die Intervention des FSB-Geheimdienstchefs Alexander Bortnikow in einer Sondersitzung des nationalen Antiterrorkomitees veranlasste Putin, das Flugverbot anzuordnen.

Für die Rückführung der 80.000 russischen Touristen in Ägypten ist Vizepremier Arkadi Dworkowitsch verantwortlich. Nach Angaben der Nachrichtenagentur RIA wurden bis Sonntag 11.000 russische Touristen ausgeflogen. Schon bei der Wortwahl reagiert Moskau sensibel. Von „Evakuierung“ könne keine Rede sein, es handle sich vielmehr um eine „planmäßige Rückkehr“, sagte Dworkowitsch. Das Gepäck wird gesondert in Maschinen des Katastrophenschutzes ausgeflogen. Dutzende Reisende protestierten und sollen sich zunächst geweigert haben, den Heimflug anzutreten. Als Handgepäck sind zehn Kilogramm zugelassen.

Wie schwer es dem Kreml fällt, der Version des Terrorverdachts zu folgen, geht auch aus den widersprüchlichen Kommentaren von Kremlsprecher Dmitri Peskow hervor. Der Flugstopp bedeute nicht, dass sich Russland auf einen Terroranschlag als Absturzursache festlege, hob er hervor – um wenig später zu erklären, dass das Verbot nicht mit dem Abschluss der Untersuchungen über die Absturzursache ende. Dieses könne erst aufgehoben werden, wenn die „notwendigen Sicherheitsbedingungen“ gewährleistet seien.

Mit welchen Risiken die seit Oktober andauernde russische Militärintervention in Syrien verbunden sein könnte, sei niemandem vorab erklärt worden, sagt der frühere Kremlberater Gleb Pawlowski. Die Bevölkerung hätte einem militärischen Eingriff zwar auch dann zugestimmt, wenn klar gewesen wäre, welche Gefahren drohten. Doch dass er die Bevölkerung nicht informiert habe, sehe der Kreml heute als Fehler an. Daher sträube sich die russische Regierung weiter gegen die Version eines Anschlags, so Pawlowski. Dass die Gesellschaft nicht verlangt habe, Konsequenzen einer Intervention vorab auszuloten, beweise letztlich auch das Fiasko von Opposition und Zivilgesellschaft. Darin offenbare sich auch ein gewisser Grad „nationaler Verantwortungslosigkeit“.

Innenpolitisch duldet der Kreml keinen Kontrollverlust

Russlands Führung versäumte es, die laxen Sicherheitsvorkehrungen in Ägypten nach der Intervention noch einmal unter die Lupe zu nehmen. Immerhin machen am Roten Meer pro Jahr zwei Millionen Russen Urlaub.

Da sich Russlands Führung fast ausschließlich aus Geheimdienstlern und Angehörigen der Sicherheitsstrukturen zusammensetzt, ist diese Fahr­lässigkeit unverständlich. Doch nun hat Russland drei Gruppen von Sicherheitsexperten nach Ägypten geschickt, um die dortigen Flughäfen zu inspizieren.

Innenpolitisch duldet der Kreml keinen Kontrollverlust. Putin wird durch einen Terrorakt jedoch keinen Schaden nehmen. Die Bevölkerung wird die Reihen noch enger um ihren „Líder“ schließen.Meinung & Diskussion SEITE

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