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Archiv-Artikel

Auf dem Weg in die CO2-Freiheit

TREIBHAUSGASE Zu Beginn der UN-Klimakonferenz in Kopenhagen präsentieren sich die Bundesländer im Norden als Vorbilder beim Klimaschutz. Einzig Bremen liegt deutlich über dem deutschen Durchschnitt

Treibhausgase

Die wichtigsten Treibhausgase sind Kohlendioxid (CO2), Methan (CH4) und Distickstoffoxid oder Lachgas (N2O). Kohlendioxid macht etwa 80 Prozent der Emissionen aus.

■ Für die statistische Vergleichbarkeit werden deshalb die beiden kleineren Emittenten in CO2–Äquivalente umgerechnet. Dieses erfolgt nach ihrem GWP-Wert (Global Warming Potential), sodass der Maßstab die tatsächlichen Klimaauswirkungen sind.

■ Auf Länderebene wird der CO2-Ausstoß seit 1990 erhoben und ausgewertet, der der anderen Schadstoffe seit 1995.

■ Der Rückgang der Emissionen erklärt sich von 1990 bis 1995 fast ausschließlich durch Industriestilllegungen in den neuen Bundesländern. Bis dahin stiegen die Emissionen im Westen fast überall weiter an. Erst seit 1995 sank auch in den alten Bundesländern der Ausstoß an Treibhausgasen.

VON SVEN-MICHAEL VEIT

Vielleicht hilft es ja. Zu einem Segeltörn zur UN-Klimakonferenz nach Kopenhagen sind am Montag 30 Studierende der Fachhochschule Flensburg aufgebrochen. Auf zwei Traditions-Segelschiffen wollen sie CO2-neutral über die Ostsee in die dänische Hauptstadt gelangen. Die Umweltmanagement-Studenten wollen zeigen, „dass jeder auch durch kleine Aktionen seine Umwelt verbessern“ kann.

Dabei steht es in Norddeutschland nicht so schlecht um die Rettung des Weltklimas. Deutlich verringerte Emissionen bei den Treibhausgasen vermelden dieser Tage die statistischen Ämter der fünf Küstenländer (siehe Kasten). Jeweils etwa ein Viertel der Schadstoffe stammen aus Verkehr sowie Industrie und Gewerbe, ein Drittel entfällt auf die Energieproduktion, aus den privaten Haushalten dringt lediglich das restliche Sechstel in die Luft.

Je nach Berechnungsmodus sieht sich jedoch jedes Land in der Spitzenposition: In Niedersachsen sei der Rückgang mit minus elf Prozent seit 1995 größer als im Bundesdurchschnitt mit minus zehn Prozent, verkündet der Landesbetrieb für Statistik in Hannover. Aus Mecklenburg-Vorpommern meldet das Statistische Landesamt zwar einen Rückgang um nur 4,5 Prozent. Dafür jedoch liege der Anteil des Landes am gesamten bundesdeutschen Schadstoffausstoß bei „nur noch 1,8 Prozent“ – und damit wohl am Rande der Wahrnehmbarkeit.

Wahrgenommen werden möchte hingegen auf jeden Fall das gemeinsame statistische Amt von Hamburg und Schleswig-Holstein mit seiner Jubelmeldung: Im nördlichsten Bundesland sei der Ausstoß an klimaschädlichen Treibhausgasen seit 1995 um satte 17 Prozent gesunken, im Stadtstaat an der Elbe sogar um 19 Prozent. „Damit tragen beide Bundesländer dazu bei, dass Deutschland die im Kyoto-Protokoll vereinbarten Reduktionsziele erreichen kann“, freut sich das Statistikamt Nord.

Einzig die Hansestadt Bremen hüllt sich in bedeutungsschweres Schweigen. Nach den vorliegenden Übersichten könnte das daran liegen, dass Klimaschutz im Stadtstaat an der Weser kein Ruhmesblatt ist. Seit Beginn der statistischen Aufzeichnungen vor 14 Jahren liegen die Emissionen an Treibhausgasen in Bremen praktisch genau so hoch wie in Hamburg. Das aber ist Deutschlands größter Industriestandort mit weit größerem Hafen wie auch Flughafen und hat dreimal so viele Einwohner wie die kleine Hanseschwester.

Entsprechend liegt der CO2-Ausstoß pro Einwohner in Hamburg bei nur noch 6,7 Tonnen im Jahr, in Bremen aber bei 19,6 Tonnen. Der Bundesdurchschnitt beträgt 11,7 Tonnen jährlich und wird von Niedersachsen (11,1), Mecklenburg-Vorpommern (9,9) und Schleswig-Holstein (9,6) unterboten.

Die Gründe für die hohen Emissionen an der Weser sind unklar. „Die Stahlwerke“, vermutet der Bremer BUND, zudem habe der örtliche Energieversorger SWB „einen schlechten Strommix mit hohem Anteil an Kohlestrom“. In der Umweltbehörde des grünen Senators Reinhard Loske ist kein Auskunftsberechtigter zu sprechen, die anderen geben keine Auskunft: „Dazu bin ich ein zu kleines Licht.“

Bekannt ist, dass – wie andere Großversorger auch – die SWB lange auf schmutzige Energieerzeugung gesetzt hat. Die Pläne für ein großes Kohlekraftwerk wurden erst im April offiziell begraben, jetzt soll stattdessen ein deutlich weniger umweltschädliches Gaskraftwerk den Bedarf von 50.000 Haushalten decken. Auch ihr Engagement in der Windkraft von zurzeit 13 Megawatt will die SWB bis 2020 auf 350 Megawatt vervielfachen. Die Einsicht kommt spät, darf aber als löblich gelten.

Ein leuchtendes Vorbild liegt nur weniger Kilometer westlich. Der Stadtrat von Oldenburg diskutiert gerade auf Antrag der Grünen das Klimaschutzkonzept einer emissionsfreien Stadt. „Die Zielsetzung kann“, heißt es dort, „nur die CO2-Freiheit sein.“