KUNST

KunstBeate Schederschaut sich in Berlins Galerien um

Die Kunst entzieht sich dem Blick. Geradezu magisch wird man von dem Stuhl im kleinen Galerieraum von PSM angezogen, doch sobald man sich darauf setzt und nach vorne schaut, sieht man – nichts. Stattdessen knallt einem das Licht der Kamera, das einen derweil auf die Leinwand projiziert, unbarmherzig ins Gesicht. Sehen oder gesehen werden, Marilia Furmans „To See“ macht immer nur eins davon gleichzeitig möglich. Gewalt und Überwachung, Kontrollverlust statt lustigem Selfie-Schießen. Im großen Raum eine Sammlung falscher Freunde. Furman sucht Metaphern für die Rolle des Bildes im Kapitalismus, der die Dinge seltsam zu verdoppeln scheint. Was zunächst ähnlich erscheint, zeigt eigentlich Gegensätze: Eine Kanne Wasser und eine Kanne Benzin – beides sind Flüssigkeiten, doch die eine löscht, die andere nährt das Feuer. Fotocollagen zeigen linken Protest sowie die Gegenreaktion nationalistischer Eliten (bis 22. 12., Di.–Sa. ­12–18, Köpenicker Str. 126).

Die Liebe geht auf Krücken. Ein Paar hölzerner Gehhilfen stolpern durch Peter Wächtlers Video „Untitled (Crutches)“, dazu ein tragikomischer Wut-Monolog: Übertitel erzählen von gekränkten Gefühlen, einem ins Lächerliche überzeichneten Beziehungsende. „Entartete Medienkunst“, „100 % WTF“ steht auf den „Breaking Boy News“ von Karl Andersson,von denen halbnackte Präpubertierende starren. Die 24-Stunden-Nachrichten sind stumm geschaltet, aus den Tupperschüsseln von Morag Keils „Civil War“ dröhnt es dafür umso lauter, die Sounds überlagern sich ohrenbetäubend. In der Gruppenausstellung „Rum, Sodomy & the Lash“ bei Eden Eden, kuratiert von den beiden britischen Künstlern Ed Atkins und James Richards und im Titel Churchill und The Pogues zitierend, zeigen 15 Arbeiten Ent- wie Verfremdetes, Abweichendes und auch Verstörendes. So wie im Keller eine Fritzl-hafte Ansammlung von Stockbetten, neben der die Aufforderung hängt, mehr über die Symptome von Demenz zu lesen (bis 16. 1., Sa. 12–18, Bülowstr. 74).

Aufatmen im Garten. Dort riecht es intensiv nach Jasmin. Hicham Berrada hat bei Wentrup einen spirituell-poetischen Raum gestaltet mit dem kapriziösen Klettergehölz im Zentrum, blau angeleuchtet und mit Wasser und Wärme versorgt. Einzig die Videoarbeit „Oiseaux“ spendet zusätzlich noch Licht. Sie zeigt Vögel, die sich tänzerisch am Nachthimmel bewegen. Fast wie choreografiert wirkt das, nur die Musik muss man sich dazudenken. Auch die Serie „Sorted Soil“ lässt Natur und Kunst verschmelzen, sie zoomt chemische Elemente, Bestandteile des Erdbodens, zu magischen Welten (bis 16. 1., Di.–Sa. 11–18, Tempelhofer Ufer 22).