: Skripniks Kalendersprüche
FUßBALL Werder Bremen verliert gegen Borussia Dortmund 1:3, ist aber zufrieden. Wenn nur die Tabelle nicht wäre. Vor dem Spiel wurde der Dortmunder Henrich Mchitarjan von Wurfgeschoss getroffen
In seiner wortkargen Art hat Werder-Trainer Viktor Skripnik nach der 1:3-Niederlage gegen Borussia Dortmund wieder eine Fußball-Weisheit geboren: „So ist Kalender“, sagte er über die drei Heimspiel-Niederlagen gegen Leverkusen, München und eben Dortmund. Er unterschlug allerdings, dass Werder auch wegen der Pleiten gegen die Aufsteiger Ingolstadt und Darmstadt sowie Tabellennachbar Hannover 96 so weit im Tabellenkeller steckt.
Ein Erfolg gegen Dortmund war kein „Muss“, wie Torwart Felix Wiedwald nach dem Spiel sagte, hätte aber sehr gut getan, um die nun vom Kalender vorgesehenen zwei Auswärtsspiele in Augsburg und Wolfsburg etwas beruhigter angehen zu können. Fast eine Halbzeit sah es am Samstag auch so aus, als ob Werder die Bayern-Jäger ärgern könnte – bevor sich dann doch die größere Qualität souverän gegen die Bremer Gegenwehr durchsetzte.
Eine Halbzeit mutig, die andere mutlos – auf diese Formel brachte nicht nur Werders Sportchef Thomas Eichin das Spiel. Anders als gegen die Bayern zeigte Werder schon in der ersten Halbzeit einen Offensivdrang, den selbst die Spieler sich vorher offensichtlich nicht zugetraut hatten. Der Ball wurde nicht wie gegen die Münchner wie eine heiße Kartoffel möglichst schnell nach vorne gedroschen, sondern mehrfach mit Ruhe durchs Mittelfeld kombiniert. Dabei taten sich besonders der Jüngste und der Älteste hervor: Nachwuchsmann Florian Grilliitsch (20) und Routinier Clemens Fritz (34) setzten sich mehrfach gut gegen das mit Nationalspielern gespickte Dortmunder Mittelfeld durch.
Wie so oft mussten die Bremer allerdings erst zum Jagen getragen werden. Die Grundausrichtung war mit einer Fünfer-Abwehrkette genauso defensiv wie gegen die Bayern. Da die Dortmunder aber schon in der 9. Minute eine Lücke im Bollwerk fanden, die Marco Reus zum 1:0 nutzte, wurden die Bremer früh zur Eigeninitiative gezwungen. Der Spielzug über Zlatko Junozovic, Bartels und Grillitisch, den Anthony Ujah in der 32. Minute zum Ausgleich vollendete, gehörte zum Feinsten, das man in den letzten Jahren von der Heimmannschaft im Weser-Stadion gesehen hat. Er gab der Hoffnung Auftrieb, Werder könnte endlich auch spielerisch wieder gegen ein Spitzenteam bestehen. Fatalerweise war es kurz vor der Pause ausgerechnet der Versuch von Clemens Fritz, eine Situation am eigenen Strafraum spielerisch statt brachial zu lösen, die zu Ballverlust, erneutem Rückstand und schließlich zur Mutlosigkeit führte.
In der zweiten Halbzeit fand Werder nicht mehr die Kraft, sich noch einmal aufzubäumen. Die entscheidenden Zentimeter und Zehntelsekunden fehlten nun in den Zweikämpfen – die Dortmunder kamen dagegen immer öfter in ihr gefürchtetes Tempospiel – und hätten noch einen deutlicheren Gewinn als 3:1 erzielen können.
Aggressiver zeigte sich, schon vor Spielbeginn, ein Bremer Besucher: Er bewarf den Dortmunder Henrich Mchitarjan mit einem Wurfgeschoss – es soll sich um zusammengeknüllte Pappe gehandelt haben. Der 25-jährige Werfer wurde identifiziert und des Stadions verwiesen. Gegen ihn wird wegen Körperverletzung ermittelt.
Gegen Topteams Selbstvertrauen holen, gegen den Rest die nötigen Punkte – das könnte der Werder-Weg sein. Dafür muss in Augsburg ein Sieg her. So ist Tabelle. Ralf Lorenzen
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