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Erdoğans AKP vor dem Wahlsieg

Türkei I Nach ersten Hochrechnungen kann die Partei des Staatspräsidenten überraschend mit einer absoluten Mehrheit rechnen. Verlierer sind linke wie rechte Nationalisten. Die kurdische HDP bleibt im Parlament

Der Sieger: Reccep Tayip Erdoğan und seine Frau Emine bei der Stimmabgabe Emrah Gurel/ap Foto: Foto:

Aus Istanbul Jürgen Gottschlich

Das Konzept von Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan ist offenbar aufgegangen: durch den neuerlichen Krieg gegen die kurdische PKK-Guerilla nationalistische Stimmen zu gewinnen. Insgesamt hat sein Angstwahlkampf, nachdem nur eine absolute Mehrheit der AKP für Stabilität und Wirtschaftswachstum sorgen kann, Erfolg gehabt. Bis Redaktionschluss der taz zeichnete sich ein Erdrutschsieg für die Regierungspartei ab.

Demnach erreichte sie über 50,6 Prozent der Stimmen und käme damit auf 325 Sitze im Parlament, deutlich mehr als die für die absolute Mehrheit benötigten 276 Mandate. Die größten Stimmenverluste hatte damit die nationalistische MHP verzeichnet. Die kurdisch-liberale HDP schaffte es aber wieder, die 10-Prozent-Hürde zu überspringen und bleibt im Parlament.

Landesweit war die Wahl ruhig und ohne größere Zwischenfälle verlaufen. Vor allem im Osten und Südosten des Landes hatte es vor den Wahlen große Bedenken gegeben, ob in der anhaltenden gewaltsamen Auseinandersetzung zwischen der kurdischen Guerilla PKK und der Armee überhaupt reguläre Wahlen abgehalten werden können.

Als Sicherheitsmaßnahme waren vor allen Wahllokalen in den kurdischen Gebieten gepanzerte Polizeiwagen vorgefahren worden. Maskierte Spezialeinheiten von Polizei und Gendarmerie waren vor den Wahllokalen postiert. In Diyarbakır, der größten von Kurden bewohnten Stadt im Südosten, mussten die WählerInnen ein ganzes Spalier von Zäunen und Absperrungen überwinden, um ins Wahllokal gehen zu können.

Trotzdem war der Andrang enorm. Seit den frühen Morgenstunden – die Wahllokale öffneten im Osten des Landes bereits um 7 Uhr – strömten die Leute zur Abstimmung. Doch nicht nur im Osten des Landes war die Wahlbeteiligung sehr hoch. Überall in der Türkei war es den WählerInnen ein großes Anliegen, Präsident Erdoğan, der für den neuerlichen Wahlgang verantwortlich ist, die Meinung zu sagen.

Wichtig waren auch die Stimmen der Türken im Ausland

Aus Wahllokalen an der Ägäisküste, wo Erdoğan die meisten Gegner hat, wurden Wahlbeteiligungen von über 90 Prozent gemeldet. Die Befürchtung, viele Wähler würden die freien Tage, die dadurch entstanden waren, dass die Regierung die Arbeitstage zwischen dem 29.Oktober, dem Republikfeiertag, und der Wahl am 1. November zu Ferientagen erklärt hatte, für einen Kurzurlaub nutzen, statt zur Wahl zu gehen, bewahrheitete sich nicht.

Allerdings wird nicht die allgemeine Wahlbeteiligung da­rüber entscheiden, ob es der regierenden AKP und Präsident Erdoğan letztlich gelingt, die absolute Mehrheit die die Partei im Juni verloren hatte, wieder zurückzugewinnen. Entscheidend sind eine Reihe von Wahlkreisen, in denen das Ergebnis im Juni sehr knapp war und sich durch rund 100.000 Stimmen eine neue Sitzverteilung ergeben könnte.

Wichtig werden deshalb auch die Stimmen, die Türken im Ausland, vor allem in Deutschland und den Beneluxländern, abgegeben haben. Diese Auslandswahlen wurden einige Tage vor der Wahl in der Türkei abgeschlossen, und anschließende Wählerbefragungen ergaben, dass sich die AKP einen großen Stimmenanteil der Auslandstürken sichern konnte. Kritiker Erdoğans befürchten da­rü­ber hinaus, dass gerade bei den Auslandsstimmen, die in der früheren Handelskammer in Ankara zwischengelagert wurden, Manipulationen möglich waren.

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