Kolumne Generation Camper: Trophäen aus weiter Ferne

Was haben Forschungsreisende wie Darwin oder Humboldt nicht alles von ihren Abenteuern mitgebracht. Heute ist das nicht mehr zeitgemäß.

Vor dem Naturmuseum Senckenberg in Frankfurt am Main steht ein lebensgroß nachgebildeter Dinosaurier.

Ein Dino vor dem Senckenberg-Museum: Das wäre ein nettes Reisemitbringsel, passt aber leider nicht in den Koffer. Foto: dpa

Staunend steht mein kleiner Großneffe vor dem großen Säbelzahntiger. Genauer gesagt: seinem wunderschön aufgebauten Skelett im Naturkundemuseum Senckenberg. „Ist der echt?“ Ja. Das ist er. 10.000 Jahre alt. Aus Kalifornien.

„Den will ich auch“, sagte der Junge. Den willst du nicht, denke ich mir und werfe einen Blick zum glücklich grinsenden Vater, der hoffentlich Sorge tragen wird, dass Sohnemann mal kein Trophäensammler wird.

Aber, so belehrt uns ein Schild: „Sammeln gilt als eine der ältesten Leidenschaften des Menschen.“ Was wohl niemand besser weiß als die Naturwissenschaftler der Frankfurter Senckenberg Gesellschaft. Sie betreuen rund 38,5 Millionen Artefakte. Vom ausgestopften Blaukehlchen bis zur rekonstruierten Lucy, der zarten Urfrau aus Äthiopien, und von der Mumie bis zum Saurier.

Noch alles hier atmet diese Sammlerleidenschaft. Und den Forscherstolz und die Neugierde eines Darwin oder Humboldt. Und bei aller Modernität der Präsentation natürlich auch den Kolonialismus einer Zeit, die die Welt mit einem Abenteuerspielplatz verwechselte, auf dem man sich aufführte, wie es einem gefiel.

Eine Ära, die vorbei sein sollte. Aber verrückterweise wird, je mehr gereist wird, umso mehr nach Hause getragen: vom Aussterben bedrohte Tiere und Pflanzen oder Schmuck aus diesen Tieren (etwa Elfenbein) und Extrakte (Heil- und Liebesdrogen), Snake-Wein. Aber auch lebende Schildkröten, Schlangen, Frösche, Affen und vieles andere mehr.

In 2014 beschlagnahmte der deutsche Zoll weit über 60.000 Mitbringsel. Zu 90 Prozent waren es exotische Souvenirs. Die meisten Touristen, so der Zoll, haben keine Ahnung von ihrem kriminellen Tun. Sie informieren sich nicht (etwa auf artenschutz-online.de) und verstehen nicht, dass es – im Unterschied zu früher – heute Natur- und Artenschutzgesetze gibt.

Manchmal werden auch Eier von Vögeln oder Schildkröten entdeckt. Der Frankfurter Flughafenzoll lässt sie dann ausbrüten. Einige dieser Tiere wurden schon in ihre Ursprungsländer zurückgeflogen und ausgewildert. Ein Happy End. Leider sehr selten.

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