portrait: Gar nicht so komisch
Mitte Januar wird Jimmy Morales in den Präsidentenpalast Guatemalas einziehen. Noch vor ein paar Monaten hätte niemand auf den politischen Newcomer gesetzt. Der betrat 2011 bei der Bürgermeisterwahl in Mixco, einem Vorort von Guatemala-Stadt, die politische Bühne und landete abgeschlagen auf dem dritten Platz.
Die Wahlpleite war ein Dämpfer für den bekannten Fernsehkomiker und Schauspieler. Doch davon ließ sich der 46-Jährige nicht beirren und kandidierte vier Jahre später gleich für den Einzug in den Präsidentenpalast. Anfangs rangierte Morales wie 2011 unter „ferner liefen“. Doch die Korruptionsermittlungen gegen Expräsident Otto Pérez Molina und seine Helfershelfer spülten den Mann aus der unteren Mittelschicht immer weiter nach oben. Morales, ein ausgebildeter Buchhalter und evangelikaler Prediger, ist in Guatemala mit der Comedy-Serie „Moralejas“ bekannt geworden, die er gemeinsam mit seinem Bruder produziert. Dabei hat das blödelnde Duo hin und wieder auch Politiker aufs Korn genommen, aber noch häufiger Minderheiten: Indigene, die schwarze Garifuna-Ethnie, aber auch Homosexuelle wurden da veräppelt, stigmatisiert und diffamiert. Mit Witzen hat Jimmy Morales auch versucht, sich bei Interviews und Wahlkampfveranstaltungen aus der Affäre zu ziehen, denn eines ist klar: Er hat keinerlei politische Erfahrung.
Da macht Morales, der mit dem Slogan „Nicht korrupt und kein Dieb“ landesweit punktete, auch kein Hehl daraus. „Aber um Guatemala zu regieren, braucht er politische Erfahrung und Personal“, so Edgar Pérez, Menschenrechtsanwalt in Guatemala-Stadt.
Morales’ Partei, die Front der nationalen Annäherung (FCN), ist 2004 von ehemaligen Militärs gegründet worden. Auf der FCN-Liste stehen mehrere Generäle, denen Menschenrechtsverbrechen zur Last gelegt werden. Darauf lässt sich Morales nur ungern ansprechen. Und bisher hat er kein Konzept vorgelegt, wie er den zentralen Forderungen der Protestbewegung begegnen will: Ende der Korruption und die Verabschiedung eines Wahlgesetzes, das den kleinen Parteien mehr Mitsprache zubilligt. Knut Henkel
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