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Vergangenheit gegen Nobody

Ukraine Bei den Kommunalwahlen im ostukrainischen Dnipropetrowsk konkurrieren ein Janukowisch-Mann und ein Unabhängiger um die Macht

Ukraine wählt

Am Sonntag werden in der Ukraine neue Bürgermeister, Stadträte und Bezirksräte gewählt. Keine Wahlen wird es in den Gebieten des Donbass und auf der Krim geben. Letztmals waren die kommunalen Amts­träger 2010 gewählt worden. Besonderes Interesse gilt dem „Oppositionsblock“, in dem sich Politiker der Janukowitsch-„Partei der Regionen“ zu­sammengeschlossen haben, und der Partei „Solidarität“ von Präsident Poroschenko.

Aus Dnipropetrowsk Bernhard Clasen

Ein Meer von Wahlkampfzelten steht auf dem Weg vom Hauptbahnhof der ostukrainischen Metropole Dnipropetrowsk in die Innenstadt. Und es sind vor allem die blau-weißen Zelte und Stände des „Oppositionsblocks“, die die Aufmerksamkeit auf sich ziehen. „Hier in unserer Stadt herrschen Unordnung und Chaos. Seit Monaten bekommen die Arbeiter des Raketenwerks Juschmasch keinen Lohn mehr. Der Müll stinkt zum Himmel. Wir brauchen endlich jemanden mit Erfahrung und Organisationstalent“, sagte die Frau am Stand des „Oppositionsblocks“. „Und der Mann, der das leisten kann, heißt Alexander Wilkul.“

Alexander Wilkul vom „Oppositionsblock“ steht derzeit mit 29,3 Prozent an der Spitze der Kandidaten für das Amt des Oberbürgermeisters von Dnipropetrowsk. Wilkul, der unter Wiktor Janukowitsch stellvertretender ukrainischer Premierminister, Parlamentsabgeordneter der „Partei der Regionen“ und Gouverneur von Dnipropetrowsk war, steht für die Kräfte, die, so schien es, mit dem Sieg des Maidan der Vergangenheit angehörten.

In seinem Wahlkampf setzt Wilkul auf seine Kompetenz in sozialen Fragen und seine Fähigkeiten als Manager. Wilkuls Wahlkampfbroschüren zeigen ihn auf einer Konferenz mit dem belgischen Prinzen Laurent Benoît Baudouin Marie de Belgique, im Gespräch mit Arbeitern der Raketenfabrik Jusch­masch, beim Sortieren von Müll, im Bergwerk und mit Kriegsveteranen. „Ich bin im Parlament, weil ich die Interessen der Arbeiter vertrete“, verkündet er auf einem großen Plakat des „Oppositionsblocks“.

Gegenüber Alexander Wilkul wirkt sein Konkurrent, Boris Filatow, der sich gern mit verschränkten Armen und kurzem Hemd fotografieren lässt, eher unprofessionell. Auch Filatow, der unter dem im März zurückgetretenen Ihor Kolo­mojskyj stellvertretender Gouverneur von Dnipropetrowsk war, gibt sich als Manager. Heute gelte es, so Filatow, die Stadt vor dem Verkehrskollaps zu bewahren. Er werde sich für die sozialen Belange und das Überleben der Raketenfabrik Juschmasch einsetzen, verspricht er.

„Hier in unserer Stadt herrschen Unordnung und Chaos“

Doch Filatow und Wilkul haben beide ein Manko: sie gelten als Gefolgsleute der mächtigsten Oligarchen, Ihor Kolo­mojskyj und Rinat Achmetow. „Filatow und Wilkul kandidieren doch nur, um ihre Position in Kiew zu stärken. Unsere Stadt ist für sie nur ein Sprungbrett für die eigene Karriere“, argumentiert ein Mann im Zelt des Kandidaten Sagid Krasnow. Der unabhängige Kandidat Krasnow ist inzwischen in den Meinungsumfragen mit 23,9 Prozent an die zweite Stelle gelangt. „Bei diesen Wahlen stimmt niemand für jemanden ab, jede Stimme ist eine Stimme gegen eine bestimmte politische Kraft“, erklärt eine Passantin beim Einsteigen in die Straßenbahn. „Jede Stimme für Krasnow ist eine Stimme gegen die Oligarchen.“

Während Krasnows Konkurrenten von sozialer Gerechtigkeit und öffentlichem Nahverkehr reden, handelt der Unternehmer, dem ein Netz von Sammeltaxis gehört. Rechtzeitig zum Beginn des Wahlkampfs ließ er auf acht Routen das „Soziale Sammeltaxi“ fahren. Hier kostet die Fahrt nur 1 Hrywnia, ein Viertel dessen, was die Bürger von Dnipropetrowsk in anderen Sammeltaxis bezahlen müssen. Und auch außerhalb von Wahlkampfzeiten, so erinnern sich Besucher des Standes der „Gromadska Sila“, sei Krasnow immer wieder als Sponsor aufgetreten. Beim lokalen Euromaidan finanzierte er die Lautsprecher.

Sollte am Sonntag kein Kandidat die absolute Mehrheit erhalten, geht es in die Stichwahl. Und in diese werden aller Wahrscheinlichkeit nach der Janukowitsch-Mann Wilkul und der bisher unbekannte Sagid Krasnow gehen.

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