Michael Bartsch über den SPD-Austritt von Magdeburgs OB: Zum Nutzen der AfD
Der Austritt des Magdeburger Oberbürgermeisters Lutz Trümper aus der SPD ist mehr als eine Provinzposse. Gewiss, hier geht ein selbstbewusster, sperriger, manchmal eitler Mann, der im Streit um den kommunalen Finanzausgleich oder gegenüber der Konkurrenzstadt Halle stets auftrumpfte. Gerade deshalb galt er als Galionsfigur der Sozialdemokraten in Sachsen-Anhalt. Die Partei verlässt auch ein eher bieder-bürgerlicher Typ, der etwa die Schirmherrschaft über den Christopher Street Day jahrelang ablehnte.
Aber sein demonstrativer Austritt kann nicht ohne Kalkül erfolgt sein und hat Auswirkungen auf die Landtagswahl im März 2016. Er schadet der SPD, auch wenn Trümper ob der Differenzen mit Landeschefin Budde vorgab, Schaden abwenden zu wollen.
Er muss sich fragen lassen, ob der Dissens über eine Begrenzung der Zahl ankommender Flüchtlinge so unüberbrückbar war, dass er zwingend einen Rückzug verlangte. Denn diese Fragen sind momentan bundesweit im Fluss, die Meinungen überall gespalten. Trümper muss sich sogar fragen lassen, ob sein Austritt nicht Kräften wie der AfD nutzt, die ihn am Mittwochabend schon als einen der ihren vereinnahmte.
Der Fall Trümper steht exemplarisch für den Riss, der ungeachtet des Parteinamens quer durch die viel geschmähte Politikerkaste geht. Kommunen bilden das letzte Glied in der Versorgungskette der Flüchtlinge. Wer hier Verantwortung trägt, muss sich mit den praktischen Problemen ebenso herumschlagen wie mit verängstigten Kleinbürgern, die möglichst nie vom Sofa aufgescheucht werden wollen.
Ganz oben sitzen dagegen die Wächter von Grundgesetz, Sozialethik und Christentum. Diese Ebenen bewegen sich kaum aufeinander zu, diskutieren beispielsweise nicht konstruktiv die Frage, ob und wie sich die Anzahl der Flüchtlinge überhaupt begrenzen lässt. Es wird deshalb sowohl in der SPD wie in der Union weiter krachen.
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