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„Jede Zeit hat ihre Kämpfe“

RÜCKSCHAU Im Bethanien werden die Mietkämpfe der vergangenen 150 Jahre dargestellt

Simon Lengemann

28, Historiker und Amerikanist, forscht zu MieterInnenbewegung in der Weimarer Republik in der Zeit der Weltwirtschaftskrise.

taz: Herr Lengemann, die Ausstellung „Kämpfende Hütten“ will eine Geschichte urbaner Kämpfe in Berlin zeigen.

Simon Lengemann: Im Zentrum der Ausstellung stehen die Kämpfe der Berliner MieterInnen der letzten 15 Jahre. Wir zeigen die ganze Bandbreite der Aktionen, von Demonstrationen über Volksbegehren bis zu verhinderten Zwangsräumungen. Zudem sollen Schlaglichter auf historische MieterInnenkämpfe geworfen werden. Anhand von Mietstreiks, migrantischen Besetzungen und Ostberliner Häuserkämpfen wird die Vielfalt vergangener Aktionen deutlich.

Wer sind die Organisatoren?

Wir sind ist ein Ausstellungskollektiv ohne institutionelle Bindung. Die Beteiligten kommen aus den aktuellen MieterInnenkämpfen, den verschiedenen Berliner HausbesetzerInnenbewegungen und der akademischen Beschäftigung mit Miete und Wohnraum.

Thematisch gehen Sie bis 1872 zurück. Wie sahen damals die MieterInenkämpfe aus?

Zunächst handelte es sich um spontane „Exmissionskrawalle“, so nannte man damals Proteste gegen Zwangsräumungen. Bekanntestes Beispiel waren die Blumenstraßenkrawalle im Juli 1872.

In der Weltwirtschaftskrise lautete eine Parole „Erst das Essen, dann die Miete“. Welche Rolle spielten linke Parteien und MieterInnenverbände?

Die Krise brachte den offiziellen MieterInnenverbänden einen massiven Mitgliederschwund. Sie stellten sich dennoch massiv gegen den Mietstreik und pochten auf die Einhaltung der von ihnen mitgestalteten MieterInnengesetze. Die KPD dagegen unterstützte die Kämpfe.

Die Ausstellung dokumentiert auch die MieterInnenbewegung im sozialen Wohnungsbau des Märkischen Viertels vor mehr als 40 Jahren. Warum konnte sie sich dort so lange halten?

Die neuen BewohnerInnen dieser Großsiedlung fanden zwar komfortable Wohnungen, aber keine städtische Infrastruktur vor. Das waren sie vom Wedding, wo sie herkamen, anders gewöhnt. Von dort hatten sie die traditionelle Widerständigkeit der alten ArbeiterInnenbewegung mitgebracht. Um 1968 beteiligten sich zudem auch linke Studierende und Intellektuelle wie Ulrike Meinhof an der Stadtteilarbeit. Mit der Moabiter Viertel Zeitung, deren Geschichte in der Ausstellung dargestellt wird, hatten die MieterInnen sogar ein eigenes Sprachrohr.

Was können die heutigen Miet­rebellInnen daraus lernen?

Jede Zeit hat ihre eigenen Kämpfe. Aber natürlich wollen wir durch die Ausstellung und das Begleitprogramm Impulse für aktuelle Auseinandersetzungen um Wohnraum und Miete geben.

Interview: Peter Nowak

Die Ausstellung findet bis zum 18. Oktober im TheaterSpielRaum im Bethanien statt

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