: „Das hat mich tief gerührt“
FLÜCHTLINGE Eine Autorin bringt Grundschülern den Krieg in Syrien mit einem Kinderbuch nahe
72, die Kindertherapeutin und Bibliothekarin kommt aus den Niederlanden und lebt als freie Autorin in Hamburg.
taz: Frau Schins, was verbindet Sie mit Syrien?
Marie-Thérèse Schins:Meine erste Begegnung mit syrischen Kindern hatte ich bei einem Workshop im Libanon, bei dem auch syrische Kinder dabei waren. Ich habe dort schon zwei Jahre vor Ausbruch des syrischen Bürgerkriegs mit Kindern zu ihren Ängsten gearbeitet. Dort erlebte ich hautnah, was diese Kinder durchmachen, und sie haben es auch aufgeschrieben. Einige ihrer Geschichten finden sich am Ende meines Buches „Ich will keinen Krieg“. Ein Jahr später habe ich dann Damaskus selbst besucht und die wunderschöne Altstadt kennengelernt, in der mein Buch teilweise spielt.
Warum haben Sie über den Bürgerkrieg ausgerechnet ein Kinderbuch gemacht?
Ich möchte vor allem erreichen, dass unsere Kinder ein wenig Ahnung davon bekommen, was Flüchtlingskinder zurücklassen, die herkommen, obwohl sie lieber dort bleiben wollen. Unsere Kinder, und nicht nur die Kinder, wissen viel zu wenig über die syrische Kultur. Dadurch kann ihnen von ihrem Umfeld Unsinn eingeredet werden. Ich wünsche mir, dass unsere Kinder auf die syrischen Kinder zugehen und Kontakt aufnehmen, denn die Flüchtlingskinder werden ja auch irgendwann in die Schule kommen.
Wie reagieren die Kinder auf Ihr Buch?
Ganz toll, sensibel, anregend. Nach einer Lesung in Rissen etwa, es war Pause, drehte sich ein Mädchen auf dem Weg nach draußen noch mal um und sagte diesen einen Satz: „Der Krieg soll gestorben werden.“ Das finde ich so unglaublich, so philosophisch. Das hat mich tief gerührt.
Sie haben sich in Ihrem Buch für eine fiktive Geschichte entschieden. Warum reicht die Realität nicht aus?
Es sollte kein Sachbuch werden. Manchmal kann man sehr viel mehr erfahren, wenn Fakten in einer durchgehend erzählten Geschichte mit einer oder zwei Hauptfiguren verpackt sind. Das habe ich schon mit Kulturen aus der ganzen Welt in mehreren anderen Büchern gemacht. In diesem Fall war es mir ein Anliegen, dieses Buch ganz schlicht aus der Sicht eines Neunjährigen zu erzählen und mit Texten der Kinder selbst zu ergänzen. Da ich sehr viel mit Kindern arbeite, auch in der Trauerarbeit, glaube ich auch, dass ich das ein bisschen kann.
Interview: AWE
Heute liest Schins in der Katharina-von-Siena-Grundschule aus „Ich will keinen Krieg!“, allerdings nicht öffentlich. Anfragen für Lesungen an: mt-schins@gmx.de
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