Kunstblut und Killerbabys

HOCHWERTIG Auf dem Trashfilm Festival wird Filmmüll aus aller Welt in seiner ganzen Pracht und Vielfalt gezeigt

„Dreams of the Last Butterflies“: Fantasykurzfilm von Zina Brown über eine Welt, in der Schmetterlinge ausgestorben sind Foto: Promo

von ANDREAS HARTMANN

Trashig kann man es theoretisch auch jeden Abend zu Hause haben. Mann muss sich nur einmal quer durch das Programm zappen, das einem von der ARD bis RTL II angeboten wird. Doch was einen da erwartet – deutsche Fernsehfilme! –, ist meist nur schlecht, beim Berliner Trashfilm Festival jedoch wird einem Kinokost versprochen, die so schlecht ist, dass sie schon wieder gut ist.

Ja, es gibt die unterschiedlichsten Formen von Trash, eine genaue Definition eines Trashfilms ist nur schwer vorzunehmen, was nicht zuletzt auch daran liegt, dass jeder eine andere Toleranzgrenze hat – was für den einen Kult ist, das ist für den anderen vielleicht eher Müll. Und um es endgültig kompliziert zu machen, sei noch hinzugefügt: Der größte Müll wiederum wird vielleicht auch zum größten Kult. Man denke nur an das Schaffen von Low-Budget-Regisseuren und Schmuddelfilmkönigen wie Ed Wood oder Russ Meyer, beides Ikonen für die Art von Film, dem sich das Berliner Trashfilm Festival verschrieben hat.

Bereits zum siebten Mal werden auf dem kleinen Festival, bei dem Primitivität kein Schimpfwort ist und jedes Gehirn, das gegen eine Wand klatscht, fachkundig bejubelt wird, von nachmittags bis tief in die Nacht Trashfilmperlen aus aller Welt gezeigt, heuer, nach all den Jahren im Babylon Mitte, das erste Mal im Kino Toni in Weißensee.

Dabei wird darauf geachtet, dass in den gezeigten Filmen nicht nur ausgiebig ketchupfarbenes Kunstblut verspritzt und die Produktionsbudgets fünf Euro sichtbar nicht überschritten haben, sondern man präsentiert vielmehr Filmmüll in seiner ganzen Pacht und Vielfalt. Es werden nicht nur Filme mit Zombies, Mutanten und Killerbabys gezeigt, sondern ein breites Spektrum des fantastischen Films. Wie beim Fantasy Filmfest ist Splatter auch hier nur noch das Kerngeschäft des Festivals, ist ein bei den Veranstaltern eingereichter Film einfach nur durchgeknallt und unkonventionell genug, findet er Berücksichtigung, auch wenn in ihm kein Tropfen Kunstblut vergossen wird.

Primitivität ist hier kein Schimpfwort, und jedes Gehirn, das gegen eine Wand klatscht, wird fachkundig bejubelt

30 Kurzfilme aus aller Welt werden gezeigt, darunter solche mit vielversprechenden Titeln wie „Ninja Eliminator 4“, bei denen man annehmen kann, dass es sich um echte Perlen des kulturlosen Filmvergnügens handelt. Auch „Extreme Pinocchio“ hält, was er schon vom Namen nach verspricht. Die klassische Geschichte von der lebenden Puppe mit der Nase, die beim Lügen lang wird, bekommt einen Tarantino-haften Anstrich. Pinocchio ist in diesem französischen Kurzfilm ein Junkie, der von seinen Dealern, dem Fuchs und der Katze, dazu gebracht wird, bei Geppetto ein wenig Geld zu klauen. Das Problem ist nur: Geppetto ist kein netter Onkel, sondern ein pädophiler Psychopath.

Neben derartigem Genre-Trash zeige man aber auch viel „hochwertig produzierte Filme“, wie Florian Feldmann, einer der Veranstalter des Trashfilm Festivals erklärt. Bei der Auswahl der Festival-Beiträge habe man auf Originalität geachtet und darauf, dass die Filme möglichst auch etwas „augenzwinkernd Gesellschaftskritisches“ aufweisen. Feldmann nennt etwa den Beitrag „Dreams of the Last Butterflies“, einen US-Film, der poetisch sei und zum Nachdenken anrege. Der bunte Kostümfilm zeige eine Welt, in der die Schmetterlinge ausgestorben zu sein scheinen, und besteche durch ungewöhnliche visuelle Einfälle. „Alle reden vom Bienensterben“, erklärt der Festivalleiter, „aber wo waren dieses Jahr eigentlich die Schmetterlinge?“ Es klingt fast so, als müsste man dieser Frage nach dem Film wirklich mal ernsthaft nachgehen.

Wie das Fantasy Filmfest hat auch das Trashfilm Festival inzwischen eine gewisse Tradition in Berlin, allerdings gibt es dieses Jahr eine Neuerung. Da es sich ja um ein Festival handelt, wird auch – wie bei der Berlinale! – der beste Film gekürt, beziehungsweise der schlechteste, was bei gutem Trash ja kein Widerspruch sein muss. Doch statt einer Jury, der in der Geschichte des Festivals bereits erwiesene Großmeister des schlechten Geschmacks wie etwa Jörg Buttgereit angehörten, wird in diesem Jahr ganz allein das Publikum den Gewinner küren.

Trashfilm Festival: Kino Toni, Antonplatz 1, 26. 9., ab 15 Uhr, Festivalpass 30 €