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Archiv-Artikel

Der Erste ist der Letzte

Bayern wird seine Landesvertretung in Bonn nicht los

Der Abschied war standesgemäß. Die Stadtkapelle Dachau spielte im Juni 1999 den letzten Tusch, mit dem der Freistaat Bayern seiner Landesvertretung in Bonn Lebewohl sagte.

1954 waren die Blau-Weißen das erste Land gewesen, das in der damaligen „endgültigen, vorläufigen“ Bundeshauptstadt seine Zelte aufgeschlagen hatte. Nun hatten sie wieder als erste in die neue Hauptstadt „rübergemacht“: Ende 1998 eröffnete Bayern eine Vertretung in Berlin. Für seine alte Botschaft an der Bonner Schlegelstraße hatte es keine Verwendung mehr.

Seitdem sind über sechs Jahre vergangen. Längst sind alle anderen Bundesländer dem Berliner Ruf gefolgt und haben ihre Immobilien in Bonn verkauft. Nur Bayern nicht. Stoiber & Co. werden ihre vom renommierten Münchner Architekten Sep Ruf errichtete Dependance einfach nicht los.

Dabei gab es durchaus potenzielle Interessenten. So hatte die Deutschen Welthungerhilfe (DWH) ein Auge auf das leer stehende Gebäude geworfen. Aber dann entschied sich die DWH, lieber von der Adenauerallee an die Friedrich-Ebert-Straße in Bad Godesberg umzuziehen. Die Adresse der ehemaligen Weißwurst-Filiale soll ihr „zu prominent“ erschienen sein, heißt es.

Auch die Pläne eines Investors, in dem Gebäude eine psychosomatische Klinik zu errichten, realisierten sich nicht. Diesmal scheiterte das Vorhaben am Widerstand der Stadt. Sie wollte keine weitere Klinik in dem exponierten Viertel, nachdem sie zuvor schon nur unter erheblichen Bedenken der Nutzung der gegenüberliegenden früheren Landesvertretung von Baden-Württemberg als Schönheitsklinik zugestimmt hatte.

Bitter für die Bayern: Jetzt soll der Ruf-Bau auch noch unter Denkmalschutz gestellt werden. Das Gebäude, so heißt es in der Begründung, sei „ein qualitätsvolles Zeugnis der Architektur der 1950-er Jahre“. Unter Denkmalschutz wäre die Landesvertretung noch unattraktiver für Käufer.

Der Freistaat scheint keinen Abschied von dem Schatten der Vergangenheit nehmen zu können. Kein Wunder, dass er Widerspruch gegen eine Eintragung in die Denkmalliste eingelegt hat. PASCAL BEUCKER