: 13 Verfahren gegen Friesenhof-Mitarbeiter
HEIMSKANDALDie Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Körperverletzung und sexuellen Missbrauchs
Die Staatsanwaltschaft hat gegen frühere Betreuer und Erzieher der inzwischen geschlossenen Kinder- und Jugendhilfeeinrichtung Friesenhof im Kreis Dithmarschen Ermittlungen aufgenommen. Als Anfang Juni über mögliche Missstände in den Mädchenheimen berichtet wurde, nahm die Staatsanwaltschaft Itzehoe bereits erste Vorermittlungen gegen Mitarbeiter auf. Inzwischen hat die Anklagebehörde die bei der Heimaufsicht vorliegenden Friesenhof-Akten durchgeforstet und 13 Verfahren eingeleitet.
Dies bedeute nicht, dass es 13 Beschuldigte gebe, schränkte Staatsanwaltssprecher Uwe Dreeßen ein. Es könnte mehrere Beschuldigte in einem Verfahren geben oder eine Person mehrfach beschuldigt werden. Nun müssten zunächst einmal Zeugen und Beschuldigte gefunden und gehört werden. Das könne dauern, „kann aber auch schnell gehen“, sagte Dreeßen.
Publik wurde die Zahl durch eine Anfrage von Katja Rathje-Hoffmann (CDU). Allein in elf Verfahren geht es um Verdacht der Körperverletzung an Bewohnerinnen. In einem Ermittlungsverfahren geht es gleich um vier Delikte: Verdacht der Freiheitsberaubung, Verletzung des Briefgeheimnisses, Verletzung von Privatgeheimnissen und „Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen“, sprich Fotos oder Filmaufnahmen gegen den Willen der Betroffenen.
In einem weiteren Verfahren, das bereits im Januar eröffnet wurde, geht es um „den Vorwurf des sexuellen Missbrauchs von Kindern“. In den Akten schlummerten offenbar brisante Hinweise. Wie die taz berichtete, existiert zum Beispiel ein Vermerk der Heimaufsicht von einem Prüftermin im „Mädchenheim Nana“ im August 2014, der alarmierende Aussagen der dort untergebrachten Mädchen enthält. Jetzt soll ein Parlamentarischer Untersuchungsausschuss (PUA) aufklären, welche Informationen es über „etwaige Missstände“ im Friesenhof gab, und wie welche Stellen handelten.
Rathje-Hoffmann wollte mit ihrer Anfrage eigentlich erfahren, ob es stimmt, dass in der Kritik stehende ehemalige Friesenhof-Mitarbeiter „jetzt munter in anderen Einrichtungen weiterarbeiten können, ohne dass sich jemand aufregt“. Das hatte die Betreiberin behauptet. Doch dazu könne die Regierung „nach geltender Rechtslage keine Auskunft geben“, heißt es in der Antwort. Die Justizbehörden sind zwar verpflichtet, die Heimaufsicht über eine etwaige Anklage und den Ausgang des Verfahrens zu informieren. Doch noch sei keine der Ermittlungen abgeschlossen.
Es gibt allerdings seit März bei der Heimaufsicht eine zentrale Beschwerdedatei mit –Stand Juli – 91 Einträgen. Die Kieler Regierung räumt nun ein, dass es Beschwerden gegen Einrichtungen gibt, in denen Ex-Friesenhof-Mitarbeiter beschäftigt sind. „Das möchte ich genauer wissen“, sagt Rathje-Hoffmann. Sie werde noch eine Anfrage stellen. KaJ
taz Salon: Nach Haasenburg- und Friesenhof-Sakandal: 15.9., 19.30 Uhr, Schulterblatt 73, Hamburg
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