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Zu viele Hormone im Spiel

Daily Dope (699) 8 Prozent der europäischen Fußballprofis haben nach einer Uefa-Studie auffällige Testosteronwerte. Der Verband warnt davor, „endgültige Schlüsse“ aus den Ergebnissen zu ziehen

Anabole Steroide wirken auch im Fußball leistungs­steigernd – etwa bei Kraft und Schnelligkeit. Außerdem verkürzen sie Regenerationszeiten

BERLIN dpa/taz | Eine Studie des europäischen Fußballverbands Uefa nährt einem ARD-Bericht zufolge den Verdacht von Dopingmanipulationen im internationalen Spitzenfußball. Bei 7,7 Prozent der 879 Spieler, deren Urinproben untersucht wurden, seien demnach auffällige Testosteronwerte gemessen worden. In diesen Fälle könnte Doping mit anabolen Steroiden möglich gewesen sein, hieß es. Die Uefa betonte indes, aus der Studie könne man keine endgültigen Schlüsse ziehen. Konsequenzen drohen den Profis nicht, da die Proben anonymisiert waren.

Insgesamt wurden 4.195 Urinproben aus den Jahren 2008 bis 2013 untersucht. Die verdächtigen Profis kommen aus den besten Ligen Europas. Denn 62,9 Prozent der Proben stammen von Champions-League-Teilnehmern. Auch bei den Europameisterschaften 2008 und 2012 war man aktiv. Zudem wurden 82 Prozent der Proben bei Teams der größten zehn Fußballverbände vorgenommen.

Die Dopingredaktion der ARD sowie der britischen Zeitung Sunday Times haben nun die Studie von Experten bewerten lassen. Der Forscher Julien Baker von der University of the West of Scotland sagt: „Wenn die Ergebnisse korrekt sind, ist das sehr alarmierend. Denn es würde zeigen, dass in einigen der größten europäischen Wettbewerbe Steroidmissbrauch betrieben wird.“ Anabole Steroide können auch im Fußball zu Leistungssteigerung beitragen, etwa bei Kraft und Schnelligkeit, außerdem können sie helfen, Regenerationszeiten zu verkürzen.

Der deutsche Sportwissenschaftler Perikles Simon warnte hingegen – wie die Uefa – vor voreiligen Schlüssen. Im Gegensatz zum Verband begründete er das aber mit möglichen methodischen Mängeln der Untersuchungen. Die statistische Basis der Studie sei für ihn nicht nachvollziehbar: „Es ist sehr schwierig, zu schlussfolgern, ob das Ganze biologisch zustande kommt oder wirklich durch externe Faktoren.“

Dennoch hat der Verband inzwischen ein erweitertes Testsystem eingeführt, das er jüngst als das „größte Antidopingprogramm in der Geschichte des europäischen Fußballs“ bezeichnet hat. Wie es vor allem in der Leichtathletik und beim Radsport vorgemacht wurde, will die Uefa mithilfe des Biologischen Passes über einen längeren Zeitraum die Blut- und Urinwerte eines Spielers dokumentieren. Das Programm wurde mit der Saison 2015/2016 gestartet. Steroidprofile werden dabei auch gesondert ausgewertet – möglicherweise eine Konsequenz der eigenen Untersuchungsergebnisse.

Bei der nun für so viel Aufsehen sorgenden Studie konzentrierten sich die Wissenschaftler ausschließlich auf die Steroidwerte der Fußballprofis. Zu den auffällig gewordenen Testpersonen muss man bei aller Vorsicht und möglichen methodischen Zweifeln noch diejenigen im Blickfeld haben, die mithilfe von Epo, Wachtumshormonen oder anderen leistungssteigernden Wirkstoffen versuchen, sich einen Vorteil zu verschaffen. Im Unterschied zu vielen anderen Sportarten steht der Fußball mit seinen Antidopingprogrammen erst am Anfang größerer Anstrengungen.

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