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Ungarn Flüchtlinge wollen zu Fuß nach Wien. Andere brechen aus Asyllager ausZu Fuß nach Westen

Budapest afp/dpataz | Mehrere hundert Flüchtlinge haben am Freitag den Budapester Fernbahnhof Keleti zu Fuß in Richtung Österreich verlassen. Teilnehmer des Marsches sagten, sie wollten versuchen zu Fuß die rund 175 Kilometer entfernte österreichische Grenze zu erreichen. Die Flüchtlinge gehörten zu den rund 2.000 Menschen, die seit Tagen vor und im Bahnhof Keleti in der ungarischen Hauptstadt kampieren und größtenteils auf ihre Weiterreise Richtung Deutschland warten. Die ungarischen Behörden hatten am Dienstag die internationalen Zugverbindungen von dem Bahnhof bis auf Weiteres eingestellt. Inner­ungarische Regionalzüge werden nach Flüchtlingen kontrolliert.

Am Morgen waren rund 300 Flüchtlinge aus dem Erstaufnahmelager Röszke im Süden Ungarns geflohen und in Richtung einer nahen Autobahn gerannt. Seit Donnerstag haben sich zudem im Bahnhof von Bics­­ke 40 Kilometer von Bu­dapest entfernt rund 500 Flüchtlinge in einem Zug verschanzt. Die Behörden hatten den Zug zunächst Richtung österreichische Grenze fahren lassen, dann jedoch in Bicske angehalten, um die Flüchtlinge in Aufnahme­lager zur bringen. Die Einwanderer werfen der Regierung vor, sie in eine Falle gelockt zu ­haben.

Auch ein zweiter Zug wurde gestoppt und alle 120 Reisenden in Flüchtlingslager gebracht. Wie die Polizei am Freitag mitteilte, wurde der Zug aus Bu­dapest Richtung Győr nahe der Grenze zu Österreich am Donnerstag im Dorf Nagyszentjános gestoppt. 83 Flüchtlinge ließen sich sofort registrieren, die übrigen erst nach stundenlangen Protesten.

Unterdessen beschloss das ungarische Parlament am Freitag, dass die Strafen für illegale Grenzübertritte verschärft werden. Zudem beschloss es die Einrichtung sogenannter Transitzonen in Grenznähe. Vom 15. September an würde Ungarns Grenze zu Serbien schärfer kontrolliert, sagte Regierungschef Viktor Orbán. Dazu starte die Regierung in Kürze eine Informationskampagne, die sich an die Flüchtlinge und Schlepper richte.

Orbán sprach sich gegen die Einwanderung von Muslimen aus. Man müsse respektieren, dass andere EU-Länder früher beschlossen hätten, mit Muslimen zusammenleben zu wollen. Jedoch „haben wir auch das Recht zu entscheiden, ob wir diesem Beispiel folgen wollen“, sagte der rechtskonservative Regierungschef. Er selbst rate davon ab.

Ungarns Außenminister Péter Szijjártó wies Kritik an der Flüchtlingspolitik seines Landes zurück. „Wir haben in Budapest eine dramatische Situation, weil einige Migranten, was Fingerabdrücke und Fotos angeht, eine Kooperation mit den ungarischen Behörden verweigern“, sagte Szijjártó am Freitag bei einem Treffen der EU-Außenminister in Luxemburg. Ein Bahnhof sei keine Flüchtlingsstation. Die Asylsuchenden sollten in Flüchtlingszentren gehen.

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