Niedersachsen soll bar zahlen

UNTERSTÜTZUNG Das Sozialgericht Hildesheim wird Innenminister Uwe Schünemanns Gutscheinsystem für Asylbewerber im Februar wohl kippen

Das Sozialgericht Hildesheim wird sich im Februar mit der Vergabe von Gutscheinen für hilfsbedürftige Migranten befassen. Konkret geht es um eine 37-jährige Asylbewerberin aus Kuba, der zu wenig Sozialleistungen ausgezahlt worden waren. Die Stadt Göttingen wollte der Mutter von zwei Töchtern die ihr zustehenden 500 Euro nicht bar, sondern in Gutscheinen zahlen.

„Die Tür für eine Abschaffung dieser diskriminierenden Gutscheine steht weit offen“, sagt ihr Anwalt Sven Adam. Bereits im Januar hatte das Sozialgericht angedeutet, dass Niedersachsen mit seinen Gutscheinen gegen das Grundgesetz verstoße.

Das Bundesverfassungsgericht hatte im Juli entschieden, dass die Sozialleistungen für Asylbewerber zu niedrig sind. Aber Niedersachen will nicht in bar nachzahlen, sondern lieber in Form von Gutscheinen. Die gelten für Nahrungs- und Unterhaltsmittel „von geringem Anschaffungswert“, so die Aufschrift. „Und da wird es ekelhaft“, sagt Adam. Denn die Kassiererin im Supermarkt müsste die Menschen an der Kasse ermahnen, dass es auch noch ein günstigeres Produkt gebe. Für Adam eine entwürdigende Situation.

Im Dezember hatte das Sozialgericht Hildesheim die Gutschein-Praxis der Stadt Göttingen auch schon gerügt und sich parallel dazu grundsätzlich mit dem Gutscheinsystems auseinandergesetzt. Denn der SPD-Stadtrat und die Verwaltung Göttingens hatten angekündigt, dass sie die Gutscheine am liebsten abschaffen und stattdessen Bargeld auszahlen würden. Sie hätten jedoch Weisung von Innenminister Uwe Schünemann (CDU) erhalten, an den Gutscheinen festzuhalten.

Nach der Entscheidung des Sozialgerichts Hildesheim im Dezember dementierte Schünemann: So eine Dienstanweisung habe es nie gegeben. Als die Stadt dann Bargeld auszahlen wollte, machte das Innenministerium Druck. Bargeldauszahlungen seien ein Anreiz für Osteuropäer, nach Deutschland zu kommen. Das Sozialgericht Hildesheim vertritt da offenbar eine andere Auffassung.  KAI VON APPEN