: Bayern will weniger zahlen
Länderfinanzausgleich Neuer Unionsvorschlag fällt bei SPD-geführten Bundesländern durch. Bundesregierung muss für den Ausgleich und die Flüchtlingshilfe zuschießen
von Hannes Koch
Am kommenden Wochenende wollen die Bundesländer einen neuen Versuch unternehmen, sich über den Finanzausgleich zu einigen. Im Mittelpunkt der Verhandlungen zwischen Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) und Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) steht die Frage, wie die Steuereinnahmen zwischen reichen und armen Ländern sowie dem Bund künftig umverteilt werden.
Konsensdruck ist neuerdings entstanden, weil die Ministerpräsidenten der Länder am 24. September mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) über die Finanzierung der Flüchtlinge reden werden. Das hängt mit dem Länderfinanzausgleich zusammen, weil in beiden Fällen der Bund Milliarden Euro dazuschießt. Außerdem stehen die Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz im März 2016 vor der Tür. Falls es nicht bald zu einer Einigung kommt, wird es im Wahlkampf immer schwieriger.
Am vergangenen Mittwochabend konnten sich die Landesregierungen erneut nicht auf einen gemeinsamen Vorschlag einigen. Die unionsgeführten Länder Bayern, Hessen, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Saarland waren mit dem Konzept eines „echten Systemwechsels“ ins Rennen gegangen, wie Bayerns Finanzminister Markus Söder (CSU) sagte. Der Länderfinanzausgleich soll demnach in seiner bisherigen Form abgeschafft und in die Verteilung der Umsatzsteuereinnahmen integriert werden. Die bayerische Landesregierung verbindet damit die Hoffnung, künftig nicht mehr knapp 5 Milliarden Euro in den gemeinsamen Topf zu zahlen, sondern nur noch 4 Milliarden. SPD-geführte Länder wie Hamburg, Niedersachsen und Brandenburg stehen dieser Art der Neuverteilung skeptisch gegenüber. Allerdings strebt auch die rot-grüne Regierung Nordrhein-Westfalens eine Reform an.
Neben der Umverteilung zwischen den Ländern geht es hauptsächlich darum, wie viel Geld der Bund ins System gibt. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hatte angeboten, dass die Bundesländer künftig pro Jahr 8,5 Milliarden Euro zusätzlich erhalten. Um den neuen Unionsvorschlag zu finanzieren und auch die Interessen der übrigen Länder zu befriedigen, müsste Schäuble aber wohl noch ein paar hundert Millionen Euro drauflegen.
Die bisherige Regelung des Finanzausgleichs läuft 2019 aus. Außerdem haben Bayern und Hessen dagegen vor dem Bundesverfassungsgericht geklagt. Die beiden Landesregierungen wollen weniger Geld für ärmere Länder wie Berlin, Bremen, Saarland und Mecklenburg-Vorpommern zur Verfügung stellen. Heute zahlen Bayern, Baden-Württemberg und Hessen fast 9 Milliarden Euro pro Jahr ein. Berlin ist mit 3,5 Milliarden der größte Empfänger.
Weitere Gründe sprechen für eine Neuordnung: Die Unionsspitze hat sich darauf festgelegt, den steuerlichen Solidaritätszuschlag abzuschaffen, dessen Milliarden teilweise in die östlichen Bundesländer fließen. Ab 2020 gilt die grundgesetzliche Schuldenbremse auch für die Länder.
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